URI: 
       # taz.de -- Polizeipräsident über Ende Gelände: „Ziviler Ungehorsam klingt harmlos“
       
       > Polizeigewalt gegen friedliche AktivistInnen beim Klimaprotest? Die hat
       > er nicht gesehen, sagt Aachens Polizeichef Dirk Weinspach.
       
   IMG Bild: Dirk Weinspach diskutiert mit der „Ende Gelände“-Sprecherin Insa Vries
       
       taz: Herr Weinspach, Sie haben einen Großeinsatz hinter sich, bei dem es im
       Vorfeld viele Warnungen vor Gewalt und Straftaten gab. Sind Sie mit dem
       Verlauf zufrieden? 
       
       Dirk Weinspach: Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass das Ganze
       ausschließlich friedlich bleibt und ein polizeiliches Einschreiten gar
       nicht nötig gewesen wäre, wie es zum Beispiel bei der beeindruckenden
       Demonstration [1][„Rote Linie“] mit 3.000 DemonstrantInnen der Fall war.
       Aber von Teilen des Protestspektrums waren Straftaten angekündigt worden,
       zu denen es in überschaubarem Rahmen auch gekommen ist. Dagegen mussten wir
       vorgehen. Wir haben aber darauf geachtet, Verhältnismäßigkeit zu wahren.
       
       Das ist aber nicht überall gelungen. Wir haben beobachtet, wie Einzelne mit
       Schlagstöcken auf Kopfhöhe von DemonstrantInnen zugeschlagen haben, nur um
       sie am Weitergehen zu hindern. Ist das auch verhältnismäßig? 
       
       Ich selbst habe solche Szenen nicht gesehen, obwohl ich, wenn es irgendwie
       ging, vor Ort war. Insgesamt war mein Eindruck, dass unsere Linie von den
       KollegInnen konsequent umgesetzt worden ist.
       
       Was für eine Linie war das? 
       
       Eine deeskalierende. Die KollegInnen trugen, wenn möglich, keine Helme. Sie
       haben bei Gleisräumungen immer wieder gefragt, ob die Betreffenden nicht
       selbst gehen wollen. Die polizeilichen Zwangsmittel sollten nur da, wo es
       unbedingt nötig ist, eingesetzt werden. Aber irgendwann muss die Polizei
       auch die Mittel nutzen, die ihr von Rechts wegen zugewiesen sind, etwa um
       Straftaten zu verhindern oder aufzuklären.
       
       Die Straftaten waren ja vor allem friedliche Gleisbesetzungen. [2][Im
       Vorfeld] sind aber Parallelen zu den Ausschreitungen bei G20 an die Wand
       gemalt worden. War das eine Fehleinschätzung? 
       
       Ich habe noch keine vollständige Übersicht. Aber ich habe im Vorfeld immer
       gesagt: Wir haben keine Anhaltspunkte für Hamburger Verhältnisse. Wir
       können zwar nicht völlig ausschließen, dass vereinzelt Personen oder
       Kleinstgruppen aus diesem Spektrum auch hierher kommen. Aber wir sind davon
       ausgegangen, dass der Großteil der Menschen hier friedlich demonstrieren
       will und dass auch diejenigen, die den verniedlichenden Begriff des zivilen
       Ungehorsams benutzen, keine massiven GewalttäterInnen sind.
       
       Was halten Sie denn von zivilem Ungehorsam? 
       
       Das klingt so harmlos. Aber wenn Sie zum Beispiel die mit Stroh gefüllten
       Säcke nehmen, die Sie da drüben liegen sehen: diejenigen, die zivilen
       Ungehorsam als legitim ansehen, erzählen, dass man sich darauf legen kann.
       Aber unsere Erfahrung ist, dass sie tatsächlich vor den Körper gehalten
       werden, um KollegInnen umzurennen oder sie zur Seite zu drücken.
       
       Ihre Beamten sind doch gut gepanzert. 
       
       Gewalt ist Gewalt. Eine Polizeikette „umfließen“ oder „durchfließen“ –
       diese Begriffe sind unglaublich beschönigend. Das ist kein liebes
       Durchfließen, das ist ein grobes und aggressives Wegstoßen. Wenn ein
       Kollege plötzlich hinfällt und massenweise Personen über ihn drüberlaufen,
       ist da ein unglaublicher Druck dahinter. Auch die Betreffenden selbst haben
       das nicht mehr im Griff.
       
       Ist das hier passiert? 
       
       Nein, weil wir das dieses Jahr verhindert haben. Aber bei der
       Tagebau-Besetzung 2015 habe ich solche Bilder gesehen. Um also auf Ihre
       Fragen zu antworten, was ich von zivilem Ungehorsam halte: Ich bin gegen
       die Kriminalisierung eines ganzen Spektrums. Aber ich bin auch gegen die
       Bagatellisierung von Straftaten.
       
       27 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Archiv-Suche/!5442347&s=wyputta/
   DIR [2] /Archiv-Suche/!5439333&s=kreutzfeldt/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
   DIR Braunkohle
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
   DIR Polizei
   DIR Ziviler Ungehorsam
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
   DIR Schwerpunkt G20 in Hamburg 
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
   DIR Schwerpunkt Ende Gelände!
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ziviler Ungehorsam bei Ende Gelände: Kein Abdruck von diesem Finger
       
       Die Strafverfolgung der Braunkohle-Blockierer vom Wochenende wird
       schwierig. Die AktivistInnen hielten massenhaft ihre Identität geheim.
       
   DIR Kommentar G20-Prozesse in Hamburg: Bluten für die anderen
       
       Wegen einer Taucherbrille verurteilt: Die Strafen für zwei Menschen, die am
       Rand der G20-Krawalle festgenommen wurden, sind lächerlich.
       
   DIR Energieexperte über Ende Gelände: „Einige tausend Tonnen CO2 weniger“
       
       Die Kraftwerksblockade im Rheinland hat die Stromversorgung nicht
       gefährdet, sagt Volker Quaschning. Aber einen Effekt hatte sie.
       
   DIR Kommentar Klimaprotest „Ende Gelände“: Die Politik braucht den Druck
       
       Die Proteste im rheinischen Revier waren ein wichtiges Signal. Sie erinnern
       im Wahlkampf daran, dass der Ausstieg auf die Tagesordnung gehört.
       
   DIR Klimaprotest „Ende Gelände“: Symbolische Störungen
       
       Am zweiten Tag der Proteste unterbrechen mehrere Blockaden zeitweise
       Zufahrtswege zu Kraftwerken im rheinischen Revier.
       
   DIR Klimaprotest „Ende Gelände“: Rote Linie gegen Kohle
       
       Vor den Baggern des Braunkohleverstromers RWE protestieren 3.000 Menschen.
       Der Konzern bedrohe nicht nur das Klima, sondern ganze Landstriche.
       
   DIR Klimaprotest „Ende Gelände“: Blockaden und Demos
       
       Bei den Protesten in Nordrhein-Westfalen ist mit weiteren Sitzblockaden zu
       rechnen. Im Laufe des Tages ist eine Vielzahl von Aktionen angekündigt.
       
   DIR „Ende Gelände“-Camp gegen Braunkohle: Aufrüstung im Rheinland
       
       Ein 6.000-Leute-Camp wurde erst auf den letzten Drücker genehmigt. Das
       Innenministerium befürchtet Ausschreitungen wie bei G20.