# taz.de -- Befristete Beschäftigung: Neue Jobs? Gibt's nur auf Zeit
> Der Anteil der befristeten Neueinstellungen steigt – vor allem bei
> Jüngeren. Ob die Befristungen sachlich begründet sind, ist unklar.
IMG Bild: Keine Zeit für Familienplanung: Besonders junge Menschen werden oftmals nur befristet angestellt
BERLIN taz | Fast die Hälfte der Neueinstellungen in der Bundesrepublik, 45
Prozent, waren im vergangenen Jahr zeitlich befristet. Das betraf 1,6
Millionen der 3,6 Millionen sozialversicherungspflichtigen
ArbeitnehmerInnen, die eine neue Stelle annahmen – und macht einen Anstieg
um vier Prozentpunkte im Vergleich zu 2015 aus.
Die Zahlen nannte das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage der
Grünen-Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte, Beate Müller-Gemmeke. Sie
stammen aus einer Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.
Höher als im Schnitt war der Anteil der Befristungen bei Neueinstellungen
von 25- bis 29-Jährigen: In dieser Altersgruppe wurden 50 Prozent der
Arbeitsverhältnisse nur auf Zeit geschlossen, im Vorjahr waren es noch 47
Prozent. Ähnlich sieht es bei den 30- bis 39-Jährigen aus: Auch von ihnen
haben 49 Prozent eine befristete Anstellung bekommen, was einem Anstieg von
11 Prozentpunkten im Vergleich zu 2015 entspricht.
Ob die Befristungen sachlich begründet waren oder nicht, geht aus den
Ergebnissen der Befragung nicht hervor. „Das ist ein Armutszeugnis der
Bundesregierung“, kritisiert Müller-Gemmeke. Bei derart hohen
Befristungsquoten müsse die Bundesregierung weitere statistische
Erkenntnisse einholen, um darauf reagieren zu können. Die Grüne sprach von
einer „fatalen“ Entwicklung. Gerade bei den jüngeren ArbeitnehmerInnen
werde durch befristete Arbeitsverhältnisse die Familienplanung
verunmöglicht.
Der Bundestag hatte am 23. Juni einen Gesetzentwurf der Linken abgelehnt,
der die Abschaffung sachgrundloser Befristung beantragte. Auch die
Fraktionen der Grünen und der SPD stimmten gegen den Entwurf, weil er ihnen
zu weit ging. Müller-Gemmeke plädiert dennoch gegen die sachgrundlose
Befristung: Kurzfristige Flexibilitätsinteressen und nicht der nachhaltige
Aufbau von Fachkräften seien einziges Interesse der Wirtschaft. Auch
Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) forderte: „Die sachgrundlose
Befristung gehört abgeschafft.“
In der Gesamtbeschäftigung ist 2016 der Anteil befristeter Einstellungen
dennoch nur marginal von 7,7 auf 7,8 Prozent gestiegen. Die Quote
derjenigen, die nach einer Befristung von ihrem Betrieb übernommen wurden,
blieb unverändert bei 40 Prozent.
6 Sep 2017
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DIR Antonia Groß
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