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       # taz.de -- Kolumne Auf verlorenem Posten: Die Widersprüchliche
       
       > Mitten in Berlins grünstem und hippsten Kiez, Friedrichshain-Kreuzberg,
       > kandidiert Sibylle Schmidt für die AfD – als Parteilose.
       
   IMG Bild: Parteilos als AfD-Direktkandidatin in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg: Sibylle Schmidt
       
       Wenn Sibylle Schmidt im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für ihr
       Direktmandat bei der AfD plakatiert, macht sie das nachts. „Ey, Kanacke,
       nimm das Naziplakat runter!“, hat ihrem Mann neulich jemand zugerufen.
       Andere haben an der Leiter gerüttelt. Da kommt bei Schmidt die
       Kreuzbergerin durch, wie sie sagt, und sie pöbelt zurück. Zu Hause ist sie
       eigentlich im gutbürgerlichen Dahlem.
       
       Dort hätte sie als AfD-Direktkandidatin vielleicht bessere Chancen.
       Friedrichshain-Kreuzberg gilt als Herzkammer der Alternativen. Der Bezirk
       will kreativ und multikulti sein, die Grünen sind hier Volkspartei. Bei der
       letzten Bundestagswahl kamen sie auf 40 Prozent, dahinter SPD und Linke,
       die AfD kam nur auf 2 Prozent.
       
       Aber Kreuzberg war für 32 Jahre Schmidts Heimat. „Ich wüsste nicht, wo ich
       sonst kandidieren sollte“, sagt sie. Sie eröffnete mehrere Punk-Clubs, war
       Teil der Hausbesetzerszene, arbeitete auch mal für das Marketing der taz.
       Sie musste aus Kreuzberg weg, weil sie sich die Wohnung dort nicht mehr
       leisten konnte, sagt sie, und der Görlitzer Park habe ihren jüngsten Sohn
       infiziert. „Die Drogenpolitik war auch der Hauptgrund für meine Kandidatur
       bei der AfD.“ Das ist nicht gerade Kernprogramm der Partei. Schmidt gibt
       aber auch offen zu, dass sie die Lebensart vieler Muslime als Belastung für
       Deutschland sehe.
       
       Die 53-Jährige springt von einem Thema zum anderen, Terror, Drogen,
       Frauenrechte – voller Gegensätze, so wie sie selbst. Sie bezeichnet sich
       als Hardcore-Feministin und will den Verein „Frida“, Frauen in der AfD,
       gründen. Auch wenn die AfD fast alle Maßnahmen zur
       Geschlechtergerechtigkeit wieder abschaffen will. Das ist für sie kein
       Widerspruch. „Ich glaube, ein deutscher Handwerker kann emanzipierter sein
       als ein Sozialpädagoge aus Kreuzberg.“
       
       ## AfD als wahre Opposition? – trotzdem parteilos
       
       Sie war lange bei der SPD, die sie jetzt als „Beamtenpartei“ bezeichnet.
       Für Schmidt ist die AfD die einzige Oppositionspartei, die Probleme
       benennt. Trotzdem tritt sie als Parteilose an, AfD-Mitglied ist sie nicht.
       Auch auf der Landesliste steht sie nicht. „Wahrscheinlich hätte ich mehr
       auf die Kacke hauen müssen.“ Schmidts einzige Chance, in den Bundestag zu
       kommen, ist also das Direktmandat.
       
       Aussichtslos sei das nicht. Die Menschen hätten auch eher Hans-Christian
       Ströbele gewählt als die Grünen. Auch die SPD könnte dieses Mal schwächer
       werden, „es sind ja viele Türken weggezogen“. Es müsse nur Klick im Bezirk
       machen, sagt Schmidt. „Die Leute müssen begreifen, dass ich schon weiter
       bin als sie. Ich denke in die Zukunft.“
       
       7 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanya Falenczyk
       
       ## TAGS
       
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