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       # taz.de -- Neue RBB-Sendung „Abendshow“: Das ist nett. Zu nett
       
       > Das RBB-Fernsehen soll „kantiger“ werden, wünscht sich Intendantin
       > Schlesinger. Das würde auch der neuen Sendung „Abendshow“ guttun.
       
   IMG Bild: Lächeln mit dem Katastrophenmanager: Abendshow-Moderatoren umrahmen den Flughafenchef Lütke Daldrup
       
       Das schwierigste Moment ist der kurz nach dem Einspieler. Es geht um einen
       Dealer aus einem arabischen Clan im Drogentaxi. Bislang ist in der ersten
       Sendung der „RBB-Abendshow“ alles recht glatt gelaufen, manchmal war’s
       sogar richtig lustig. Das Publikum wirkt heiter hier im provisorischen
       Studio im nicht fertigwerden Flughafen BER.
       
       Aber nun soll der erste ernste Beitrag starten. Das Publikum klatscht, weil
       man eben nach Einspielern klatscht. Aber irgendwie kommt das ein wenig zu
       fröhlich daher und zu versöhnlich. Es ist ein Klatschen, das klingt, als
       würde das Publikum in Moment des Applauses darüber nachdenken, ob das
       überhaupt ein guter Moment ist fürs Klatschen.
       
       Es ist Donnerstagabend, und schon vor Beginn der Liveshow, beim Sekt und
       bei den komplizierten Schnittchen, lag irres Flirren in der Luft. Die
       Einschaltquoten sollen höher werden als sonst um diese Zeit beim RBB. Es
       lastet ein immenser Erwartungsdruck auf dieser Sendung. Die neue
       Intendantin Patrizia Schlesinger möchte, dass der Sender ein wenig
       „kantiger“ wird, etwas frischer und frecher. Die „Abendshow“ ist das
       Kernstück ihrer Programmreform.
       
       Man hat als Produzent Friedrich Küppersbusch ins Boot geholt, lange nach
       einer Ausrichtung gesucht, viel in die Auswahl glaubwürdiger Moderatoren
       und schicker Studiogestaltung investiert. Nun ist es endlich so weit.
       
       Man kann nicht sagen, dass der Abend peinlich ist, dass zu viele Pannen
       passieren oder zu wenig gelacht wird. Das Problem ist nur: Die Sendung
       möchte sowohl satirisch sein als auch ernst. Sie will aktuelle Desaster wie
       das BER-Flughafendebakel und Tegel aufs Korn nehmen, aber auch neue
       Probleme in der Stadt ausgraben, für die es zunächst nicht so leicht ist,
       die Schuldigen zu finden. Sie will auf zwei Klaviaturen gleichzeitig
       spielen, was an diesem Donnerstagabend, in der ersten Sendung, nur wenig
       gelingt.
       
       Man merkt das an noch einem weiteren Beispiel: Gast der Sendung ist neben
       einem Drogenfahnder Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. Das Publikum ist
       gefragt, und eine Dame mit kurzem grauen Haar spricht einfach mal von ihrer
       „Wut“. Moderatorin Britta Steffenhagen, die mit ihrer schlampigen Berliner
       Art grundsätzlich okay geht, grinst nur breit.
       
       Und anstatt die berechtigte Wut der Dame aufzunehmen und beispielsweise die
       Steuergelder zu nennen, die am BER täglich verbrannt werden oder ein
       bisschen patzig zu werden, wendet sie sich von der Dame ab und fällt kurz
       darauf dem Flughafenchef um den Hals. Und dann faltet sie auch noch
       Papierflieger mit ihm. Das ist einfach zu lieb.
       
       8 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Messmer
       
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