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       # taz.de -- Proteste gegen Arbeitsmarktreform: Da muss Macron nicht zittern
       
       > Der gewerkschaftliche Aktionstag gegen die geplante Arbeitsmarktreform in
       > Frankreich verläuft wie erwartet. Die Streikenden sind gespalten.
       
   IMG Bild: Nebelkerzen für die Kameras: Stahlarbeiter demonstrieren in Marseille
       
       Paris taz | In hunderten französischen Städten haben am Dienstag die Gegner
       der Verordnungen zur Revision des Arbeitsrechts demonstriert. Während in
       der Hafenstadt Le Havre rund 10.000 Leute marschierten, waren es im
       ungleich größeren Marseille nur etwa die Hälfte. Zehntausende nahmen in
       Paris am Nachmittag an der gewerkschaftlichen Machtdemonstration teil.
       
       Streiks behinderten vor allem den öffentlichen Nahverkehr. Weniger spürbar
       waren Arbeitsniederlegungen im Gesundheits- und Bildungswesen und anderen
       öffentlichen Diensten sowie in Privatunternehmen. In mehreren Städten
       blockierten die Schausteller der Jahrmärkte den Verkehr mit ihren bunten
       Lastwagen; sie sind aus eigenen Gründen gegen neue, von der Regierung
       verordnete kommunale Bewilligungen.
       
       Die ersten fünf Verordnungen zur Flexibilisierung des Arbeitsrechts will
       die Regierung bereits Ende September in Kraft setzen. Das Parlament hat
       dazu nichts mehr zu sagen, denn die von Präsident Emmanuel Macrons Partei
       La République en marche dominierte Mehrheit hat der Regierung einen
       Blankoscheck für diese Dringlichkeitsprozedur ausgestellt. Dass die Debatte
       über eine tiefgreifende Änderung des Sozialmodells so auf das strikte
       Minimum reduziert wurde, hat die Gegner dieser Liberalisierung erst recht
       empört. Dennoch ist es ihnen nicht gelungen, sich auf ein gemeinsames
       Vorgehen zu einigen.
       
       Es sind dieselben roten Fahnen der kommunistischen CGT-Gewerkschaft,
       dieselben Sprechchöre in den Demonstrationen wie bei der mehrwöchigen
       Bewegung gegen die letzte Arbeitsmarktreform, die „Loi El Khomri“ unter
       Präsident François Hollande. Jetzt ist auch dessen Nachfolger Macron mit
       dem Widerstand der Straße gegen wirtschaftsliberal inspirierte Reformpläne
       konfrontiert. Die CGT hat einmal mehr bewiesen, dass sie mobilisieren kann.
       
       ## Wesentliche Unterschiede
       
       Was auf den ersten Blick wie ein Remake eines bekannten Films aussieht,
       weist aber wesentliche Unterschiede auf. Vor allem ist es der Regierung
       gelungen, im Verlauf der Vorgespräche die Gewerkschaftsverbände zu spalten.
       Die traditionell kämpferische CGT wird zwar von kleineren Organisationen
       und Linksparteien unterstützt, steht aber vor allem im Vergleich zu 2016
       isolierter da. Denn die beiden anderen großen Dachverbände, die eher
       reformistische CFDT und Force Ouvrière, sind nicht frontal gegen die
       Reformpläne wie die CGT. Sie kritisieren zwar die jetzt publizierten
       Verordnungen, sehen aber auch gewisse Vorteile für die Arbeitnehmer und
       eine Verstärkung der Sozialpartnerschaft darin.
       
       Auch die politische Opposition ist uneins. Die Linke von Jean-Luc
       Mélenchons France insoumise (die Unbeugsamen) ist solidarisch mit der CGT,
       hat jedoch für den 23. September einen eigenen Aktionstag gegen die
       Reformen angekündigt, an dem sich auch ein Teil der Sozialisten beteiligen
       will. Für Expräsidentschaftskandidat Mélenchon geht es darum, sich als Chef
       der Opposition zu profilieren. Damit wiederum hat er seine ehemaligen
       kommunistischen Partner verärgert.
       
       Für Macron ist es zweifellos ein Vorteil, die Front des Widerstands
       gespalten zu haben. Er kann es sich sogar leisten, seine Gegner als
       „Nichtstuer“ und „Extremisten“ zu beleidigen. Er hat aus Konflikten seiner
       Vorgänger die Lehre gezogen, dass unpopuläre Reformen rasch und ohne Zögern
       durchgesetzt werden müssen und dass jedes Anzeichen von Schwäche
       verheerende Folgen hat. Daher setzt er auf das Eilverfahren mit
       Verordnungen. Seinen Gegnern dagegen bleibt kaum Zeit, sich auf gemeinsame
       Ziele und Strategien zu einigen.
       
       12 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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