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       # taz.de -- Gedenken an der Gedächtniskirche: Der Platz bekommt einen Riss
       
       > Ein goldener Riss im Boden soll an die Opfer des Anschlags vom
       > Breitscheidplatz erinnern, entschied eine Jury. Auch Hinterbliebene
       > bevorzugten den Entwurf.
       
   IMG Bild: Ein goldener Riss und die Namen der Opfer: Siegerentwurf des Büros merz merz
       
       Ein goldener Riss geht durch die hellgrauen Bodenplatten. Er zieht sich vom
       Breitscheidplatz nordöstlich der Gedächtniskirche die Treppenstufen hinauf,
       über das Plateau bis in die Nähe des blauwabigen Kirchenschiffes. Auf der
       Vorderseite der Stufen ist eine Inschrift zu lesen: „Zur Erinnerung an die
       Opfer des Terroranschlags am 19. Dezember 2016. Für ein friedliches
       Miteinander aller Menschen.“ Darunter stehen versetzt die Namen der
       Todesopfer und ihre Herkunftsländer.
       
       Das ist es also, was von dem islamistischen Terroranschlag in Berlin auf
       Dauer im Stadtbild sichtbar bleiben wird. Seit Monaten berieten der Senat,
       der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, die Gemeinde, Angehörige der Opfer
       und Sachverständige, wie ein Gedenkzeichen am Breitscheidplatz aussehen
       soll. Ein Gestaltungswettbewerb wurde ausgelobt. Am Dienstagabend gab der
       Senat nun bekannt, dass sich das Preisgericht einstimmig für den Entwurf
       des Designerbüros merz merz entschieden hat – und damit für den Riss im
       Boden.
       
       „Uns war wichtig, dass dieser Ort ein würdiges Gedenken ermöglicht, bei dem
       die Opfer im Zentrum stehen“, teilte der Regierende Bürgermeister Michael
       Müller (SPD) mit. Das leiste der ausgewählte Entwurf. Bis heute sei die
       Anteilnahme überwältigend, Menschen legten Blumen nieder und zündeten
       Kerzen an. „Wir wollen diesem Gedenken dauerhaft einen Ort geben.“
       
       Ein starker Impuls für den gewählten Entwurf sei von den Angehörigen der
       Opfer ausgegangen, berichtete am Mittwoch Gestalterin Dagmar von Wilcken,
       die dem Preisgericht vorsaß. „Die Hinterbliebenen fanden sehr schön, dass
       die Namen der Opfer nicht als Block gesetzt, sondern gestreut sind.“ Man
       könne Blumen und Kerzen neben einem Namen ablegen. „Das macht auch
       individuelles Gedenken möglich.“
       
       Der goldene Riss sei im Vergleich „ein leiser Entwurf“, sagte von Wilcken.
       Es habe auch Vorschläge gegeben, bei denen das Gedenkzeichen deutlich
       präsenter gewesen wäre. Der in den Boden eingelassene Riss funktioniere
       eher wie ein Stolperstein. Für Dagmar von Wilcken ist er auch eine
       „poetische Lösung“: „Der Riss soll die Narbe symbolisieren, die sichtbar
       bleibt, aber mit der Zeit verheilt.“
       
       Das in Berlin, Stuttgart und Hongkong angesiedelte Büro merz merz befasst
       sich nach eigenen Angaben mit der Gestaltung von „Räumen mit narrativer
       Kraft“. Zu den Projekten zählen neben Museen auch Showrooms großer
       Autokonzerne. Über das Gedenkzeichen für den Anschlag schreiben die Macher:
       Der 19. Dezember teile das Leben vieler Menschen in ein Davor und ein
       Danach. „Der unvermittelte Riss, der sich durch dieses Ereignis im Alltag
       vieler Menschen und auch in der Gesellschaft aufgetan hat, ist das
       Leitmotiv für die Gestaltung des Gedenkortes.“
       
       Sieben Künstler, Designer und Architekten hatten sich am Wettbewerb
       insgesamt beteiligt. Die Vorgabe war, dass ein zurückhaltendes
       Gedenkzeichen entwickelt werden solle – auffälliger als eine Gedenktafel,
       aber nicht so groß wie eine Kunstinstallation. Der Ort an den Stufen zur
       Gedächtniskirche war ebenfalls vorgegeben: Das Mahnmal soll sichtbar
       bleiben, auch wenn der Platz davor mit Marktständen oder Veranstaltungen
       belegt ist. „An den Stufen haben die Menschen nach dem Anschlag spontan
       Blumen und Kerzen niedergelegt. Wir lassen es dabei“, sagte von Wilcken.
       
       Zweiter Sieger des Wettbewerbs wurde ein Entwurf des Büros Braun Engels
       Gestaltung aus Ulm. Die Designer schlugen ein großes Blatt aus Edelstahl
       vor, auf dem die Namen der Opfer stehen sollten. Im Entwurf sieht es aus,
       als sei das Blatt vom Himmel gesegelt und auf den Stufen zur
       Gedächtniskirche gelandet.
       
       Die Jury bevorzugte den goldenen Riss. Das Gedenkzeichen soll inklusive des
       Künstlerhonorars und der Herstellung höchstens 100.000 Euro kosten. Mit dem
       Bau will man nun schnell beginnen: Am 19. Dezember, ein Jahr nach dem
       Anschlag, soll das Mahnmal offiziell eingeweiht werden.
       
       13 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
       
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