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       # taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Wenn die Alten walten
       
       > Unter Reisenden hält eine neue Kultur Einzug und die Themen ändern sich.
       > Selbst die einstigen Disco-Diven haben die Zeichen der Zeit erkannt.
       
   IMG Bild: Auf Reisen so glücklich wie in der Apotheken-Zeitschrift
       
       Goldene Zeiten brechen an. Untersuchungen zufolge machen über
       Sechzigjährige schon bald die Mehrzahl aller Reisenden aus. Die Silberköpfe
       übernehmen das Kommando. Was niemand für möglich gehalten hatte, gilt
       plötzlich als selbstverständlich: An gutbesetzten Bahnschaltern verkaufen
       höfliche Herrn Fahrkarten aus Papier in großgedruckten Buchstaben.
       Fluglinien geben Beinfreiheit und servieren gelegentlich sogar echtes
       Essen.
       
       Nachhaltigkeit ist auf einmal ein Muss: Versteht sich, dass die Klimaabgabe
       für Flüge inzwischen fest im Reisepreis enthalten ist – war dies doch eine
       der ersten Verordnungen, die die PdrB, die Partei der reisenden Bestager,
       erließ. Noch ehe sie mit dem „Frühstücksdekret Nr.5“ von sich reden machte,
       das plastikverpackte Marmelade aus ökologischen, Formschinken aus
       ästhetischen und Vollkornbrot aus zahntechnischen Gründen von den Tischen
       verbannte.
       
       Auch unter den Reisenden selbst hält eine neue Kultur Einzug. Gespräche
       drehen sich nicht mehr nur um die Zahl der Biere vom Vorabend, sondern um
       die Feinheiten von Stützstrümpfen oder das Spätwerk Rex Gildos.
       
       Natürlich stehen nicht alle Bevölkerungsgruppen der neuen Entwicklung
       aufgeschlossen gegenüber. Unverbesserliche Gipfelstürmer, Kampfschwimmer
       und Pistensäue beklagen, dass sie ihren Neigungen nur noch in streng
       abgeschotteteten Grenzregionen frönen dürfen. Mallorca wurde komplett für
       Familien mit Kindern geräumt. Und die letzten Raucher führen am Fuße des
       Watzmann ein freudloses Dasein.
       
       Die Mehrheit aller Urlauber aber genießt das neue Zeitalter. Selbst die
       einstigen Disco-Diven von Ibiza und die Après-Ski-Hengste von Kitzbühel
       haben die Zeichen der Zeit erkannt. Einträchtig sitzen sie an den Tischen
       der Sterne-Tempel, blinzeln verwegen einem Seeteufel unter der Wasabikruste
       zu oder verschlingen ihr Filet vom Angusrind erst mit schmachtenden
       Blicken, dann in großen Happen – Essen ist schließlich der Sex des Alters.
       
       17 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franz Lerchenmüller
       
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