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       # taz.de -- Kommentar Türkeipolitik der Grünen: Özdemirs leere Versprechen
       
       > Wenn die Grünen an der Regierung sind, werde es endlich eine Reisewarnung
       > für die Türkei geben. Nur: Mit wem wollen die Grünen das durchsetzen?
       
   IMG Bild: Dass deutsche Konzerne auf Millionengewinne verzichten sollen, könnte es zwar mit Grün geben, aber nicht mit CDU, CSU und FDP
       
       Auf dem [1][Kleinen Parteitag der Grünen] blies Cem Özdemir am Sonntag
       kräftig die Backen auf: Autoritäre Herrscher würden sich freuen, wenn nach
       der Bundestagswahl Union und FDP gemeinsam regierten, rief er unter
       tosendem Beifall. Regierten aber die Grünen, sähe das ganz anders aus.
       
       Mit Blick auf das Erdoğan-Regime: Wenn die Grünen erst an der Regierung
       sind, gibt es endlich eine Reisewarnung für die Türkei! Außerdem werden die
       Hermesbürgschaften ausgesetzt! Und Rüstungsschmieden wie Rheinmetall
       dürften dann auch keine Panzerfabrik mehr am Bosporus bauen! Genau das wäre
       die angemessene Antwort auf das diktatorische Treiben Erdoğans. Chapeau!
       
       Es gibt nur ein Problem: Mit wem wollen die Grünen das durchsetzen?
       Unterstützung gibt es dafür nur von der Linkspartei. Da Berlin aber nicht
       Kreuzberg ist, dürfte es für die beiden Parteien wohl nicht ganz zu einer
       absoluten Mehrheit reichen. Falls die Demoskopen nicht völlig irren,
       besteht für die Grünen vielmehr die einzig realistische Aussicht auf eine
       Regierungsbeteiligung in einer Koalition mit der Union und wahrscheinlich
       auch der FDP.
       
       Dann jedoch wird Özdemirs Versprechen ein leeres bleiben. Wie schon die
       derzeitige Große Koalition wird man zu nichts bereit sein, was heimische
       Wirtschaftsinteressen tangiert. Dass deutsche Konzerne auf Millionengewinne
       nur für ein paar eingesperrte deutsche Journalisten und
       Menschenrechtsaktivisten verzichten sollen, gibt es mit CDU, CSU und FDP
       nicht. Egal, ob es um die Tourismusbranche oder die Rüstungsindustrie geht.
       
       Daran werden die Grünen keine Koalition scheitern lassen. Das gilt ebenso
       für die von Union und FDP propagierte milliardenschwere Erhöhung der
       deutschen Militärausgaben, über die Özdemir am Sonntag wohlweislich erst
       gar kein Wort verlor – obwohl sich seine Partei in ihrem Wahlprogramm
       deutlich dagegen ausspricht. Das 2-Prozent-Ziel der Nato wird auch
       „Jamaika“ nicht infrage stellen, zumal die FDP sogar gern 3 Prozent des
       Bruttoinlandsprodukts veranschlagen würde. Wie heißt es so schön im
       Grünen-Programm: „Wer Frieden will, muss sich für weltweite Abrüstung
       engagieren und dabei mit eigenem Beispiel vorangehen.“
       
       Es wird ein Satz fürs Poesiealbum bleiben.
       
       18 Sep 2017
       
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