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       # taz.de -- Unter Beobachtung: Mehr Personal gegen Salafisten
       
       > Hamburg verstärkt Polizei und Verfassungsschutz im Kampf gegen
       > Salafisten, obwohl alle Gefährder verhaftet wurden oder außer Landes
       > sind.
       
   IMG Bild: Beamte durchsuchen im November 2016 Räume der Al-Taqwa-Moschee in Hamburg-Harburg.
       
       HAMBURG taz | Die Aussage klingt nach Entwarnung. „Wir sind das einzige
       Bundesland, wo kein Gefährder auf der Straße frei herumläuft“, frohlockte
       Hamburgs Innensenator Andy Grote am Montag im Hamburg Journal. Hamburg sei
       in der „günstigen Situation“, dass alle 15 Gefährder, die dem
       Landeskriminalamt (LKA) und dem Verfassungsschutz bekannt seien,
       „ausgereist seien, abgeschoben wurden oder sich in Haft befänden“.
       
       Doch statt sich angesichts dieser guten Nachricht zurückzulehnen, wird der
       Hamburger Senat sein personelles Engagement gegenüber gewaltbereiten
       Islamisten massiv verstärken. Elf zusätzliche Stellen für das LKA und gar
       20 Mitarbeiter mehr für den Verfassungsschutz bis Mitte kommenden Jahres
       sind beschlossene Sache. Denn „unterhalb der Schwelle der Gefährder“ gebe
       es, so Grote, „einen großen Personenkreis, den wir genauer im Blick haben
       wollen“.
       
       So geht die Innenbehörde aufgrund interner Lageberichte von derzeit rund
       1.400 Islamisten aus, die in Hamburg leben – 400 mehr als noch Ende 2015.
       Etwa 730 von ihnen seien Salafisten, 260 mehr als vor eineinhalb Jahren.
       Von ihnen seien etwa 365 bis 400 bereit, den militanten Dschihad zu
       unterstützen. Grote spricht von einer „deutlich wachsenden islamistischen
       Szene in Hamburg“.
       
       ## ExpertInnen gesucht
       
       Dabei sucht die Innenbehörde für das LKA vor allem Islamwissenschaftler und
       Kriminalpsychologen, um sich, wie Grote sagt, „mit mehr Expertise ein
       genaues Bild über Gefahrenpotenziale“ machen zu können. Ein Auslöser für
       diese Aufstockung ist die sogenannte „Messerattacke von Barmbek“, bei der
       der 26-jährige Ahmad A. am 28. 7. in einem Supermarkt einen Mann erstach.
       
       Bei dem Täter hätte es, so der derzeitige Ermittlungsstand, eine fatale
       Mischung von „psychischer Instabilität und Radikalisierungshintergrund
       gegeben“, betonte Grote. Er war den Ermittlungsbehörden bekannt, war jedoch
       nicht als Gefährder eingeschätzt worden – ein schwerwiegender Irrtum.
       
       Aufgrund „der weiterhin hohen Gefahr islamistischer Anschläge in Europa“
       will Grote beim Verfassungsschutz vor allem auch „im Bereich der
       Observation und Aufarbeitung von Hinweisen“, die bei den
       Sicherheitsbehörden eingehen, personell aufrüsten und die bereits
       radikalisierten Islamisten genauer beobachten lassen, „die noch nicht
       Gefährder sind“.
       
       Bundesweit wurden durch die Länder Ende 2016 447 Personen als islamistische
       Gefährder eingestuft. Ihnen wird die Umsetzung einer erheblichen Straftat
       zugetraut. Bremen und Oldenburg gelten dabei als Hochburg des
       gewaltbereiten Islamismus im Norden.
       
       ## Aufstockung läuft schon seit Jahren
       
       Mit der Personalverstärkung steigt die Zahl der MitarbeiterInnen des
       Hamburger Verfassungsschutzes von derzeit 180 auf über 200. Es ist nicht
       die erste Stellenaufstockung. Seit 2014 hat der Verfassungsschutz, der
       damals über 153 Planstellen verfügte, schrittweise 26 neue Vollzeitstellen
       von Senat und Bürgerschaft bewilligt bekommen, die meisten von ihnen für
       die Observation der salafistischen Szene.
       
       Neben den extremistischen Salafisten sind weitere islamistische
       Bestrebungen in Hamburg aktiv – und werden vom Verfassungsschutz genau
       unter die Lupe genommen.
       
       So steht die an der Außenalster gelegene, als Blaue Moschee bekannte,
       schiitische Imam-Ali-Moschee weiterhin im Fokus der Verfassungsschützer.
       Trägerverein dieses Brückenkopfes des iranischen Regimes nach Deutschland
       und Europa ist das Islamische Zentrum Hamburg.
       
       Die AfD, die Hamburg „für ein Zentrum für Islamisten“ hält, nutzte am
       Dienstag die Personaloffensive des Senats für die Forderung, die
       Beratungstätigkeit des „Aussteigertelefons“ für Rechtsextremisten auch „auf
       Linksextremisten und Islamisten auszuweiten“.
       
       20 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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