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       # taz.de -- Akzeptanz von Forschung: Skeptiker sind in der Minderheit
       
       > Das „Wissenschaftsbarometer“ ermittelt die Einstellung der Bürger zu
       > Forschung und Wissenschaft: Die Mehrheit steht der Forschung positiv
       > gegenüber.
       
   IMG Bild: Die Folgen des Klimawandels sollten verstärkt erforscht werden, sagen die Bürger
       
       Berlin taz | Die Wissenschaft steht bei den Deutschen weiterhin in gutem
       Ruf. Das bestätigt das neue [1][„Wissenschaftsbarometer“], das von der
       Kommunikationsagentur der deutschen Forschungsorganisationen „Wissenschaft
       im Dialog“ vorgelegt wurde. 50 Prozent der 1.000 repräsentativ befragten
       Bürger äußerten ein großes Vertrauen in die Wissenschaft, 59 Prozent können
       einen Nutzen der Wissenschaft für ihr individuelles Leben erkennen und 56
       Prozent sind der Meinung, dass die Wissenschaft „in Zukunft zu einem
       besseren Leben führen“ werde.
       
       Nach der vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid durchgeführten Umfrage
       trifft das Thema Wissenschaft bei den deutschen Bürgern auf erhöhte
       Aufmerksamkeit. 58 Prozent bringen ihr großes und sogar sehr großes
       Interesse entgegen, das ist deutlich mehr als die Bereiche Politik (49
       Prozent), Kultur (48), Wirtschaft (41) oder Sport (39).
       
       Erstmals wurde auch die Parteipräferenz abgefragt. Daraus lässt sich
       ablesen, dass die Anhänger der Grünen mit 77 Prozent das größte Interesse
       an Wissenschaft besitzen, gefolgt von den Sympathisanten der AfD (74), der
       Linken (71) und der FDP (67). Wer zu den beiden großen Parteien hält, die
       in der Regel an Regierungen beteiligt sind, hat ein geringeres Interesse an
       Wissenschaft: bei der SPD sind es 62, bei der CDU nur 50 Prozent.
       Inhaltlich interessieren sich die meisten für die Fortschritte der Medizin
       und Gesundheitsforschung (72 Prozent). Die Naturwissenschaften folgen mit
       59 Prozent, vor Technik (55) und Sozial- und Geisteswissenschaften (43).
       
       Auch kritische Themen wurden abgefragt, mit teilweise überraschenden
       Ergebnissen. Dass der Klimawandel hauptsächlich vom Menschen und seiner
       Wirtschaftsweise verursacht ist, davon sind 81 Prozent der Deutschen
       überzeugt, nur 8 Prozent haben noch Zweifel. Sogar bei den AfD-Anhängern
       folgen 63 Prozent der Position, dass der Klimawandel von Menschen mit
       verursacht ist, 27 Prozent sind skeptisch. Das Impfen gegen
       Kinderkrankheiten halten 66 Prozent für nützlich, nur 12 Prozent für
       schädlich.
       
       Und in der Evolutionsfrage („Menschen und Tiere haben gemeinsame
       Vorfahren“) stehen 73 auf Seiten der Wissenschaft, nur 10 Prozent tendieren
       zu den „Kreationisten“, die den biblischen Schöpfungsbericht für
       glaubhafter halten. Erstaunlicherweise erreicht diese skeptische Position
       in der Parteienskala den höchsten Wert mit 18 Prozent bei der SPD.
       
       ## Spitzenreiter ist die Klimaforschung
       
       Wo soll künftig stärker geforscht werden? Die erste Nennung der Bürger
       fällt mit 40 Prozent auf die Klimaforschung, gefolgt von Gesundheit (39),
       Sicherheit (10), Mobilität (5) sowie Kommunikation und Digitalisierung (2).
       Bei den Anhängern der FDP, die gerade als Digitalisierungspartei wieder in
       den Bundestag einziehen will, ist das Digitalthema wenig populär: Nur 1
       Prozent sehen es als wichtige Forschungsaufgabe.
       
       Mit der jährlichen Umfrage – inzwischen schon zum vierten Mal – wollen die
       Wissenschaftsorganisationen auch demoskopisch messen, ob ihnen die
       Akzeptanz der Bevölkerung erhalten bleibt oder schwindet. Dem dient unter
       anderem die regelmäßige Frage, ob Wissenschaft und Forschung „alles in
       allem“ mehr schaden als nützen.
       
       Nach dem „Wissenschaftsbarometer“ 2017 stimmen 4 Prozent der Deutschen der
       Schädlichkeitsthese „voll und ganz“ zu und 7 Prozent „eher“, zusammen 11
       Prozent. Im Jahr zuvor 2016 lagen die Werte noch bei zusammen 10 Prozent,
       ein Anstieg um einen Prozentpunkt. Auch die Zahl der Unentschiedenen bei
       dieser Frage hat sich von 18 auf 23 Prozent erhöht. Dem gegenüber hat der
       Anteil derer, die vom Nutzen der Wissenschaft überzeugt sind, von 70
       Prozent im Jahr 2016 auf 64 Prozent 2017 abgenommen. Für ein Jahr ist das
       schon viel.
       
       Bemerkenswert ist die Haltung der jüngeren Generation (14 bis 29 Jahre).
       Sie ist 2017 unter allen fünf Altersgruppen diejenige mit den stärksten
       Positivwerten: 71 Prozent halten Wissenschaft für nützlich und nicht
       schädlich. Unter den Jungen kommen also die Zukunftsversprechen der
       Wissenschaft am besten an – vielleicht weil sie weniger Erfahrungswissen
       besitzen als die Älteren.
       
       Nachdenklich stimmen muss indes die Abnahme der Wissenschaftszustimmung
       auch unter den Jungen im Vergleich zum Vorjahr. 2016 waren nämlich noch 76
       Prozent der Meinung, die Wissenschaft sei eine überwiegend nutzbringende
       Veranstaltung – eine Abnahme um 5 Prozentpunkte. Doch Signale für einen
       schleichenden Akzeptanzverlust?
       
       26 Sep 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/wissenschaftsbarometer-2017/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Ronzheimer
       
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