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       # taz.de -- Wahl in Charlottenburg-Wilmersdorf: Kiezpolitiker vs. Kulturmanager
       
       > Welche Direktkandidaten machen das Rennen? Die taz schaut auf die
       > umkämpften Wahlkreise. In Charlottenburg-Wilmersdorf hat die CDU die
       > besten Chancen.
       
   IMG Bild: Zumindest die Briefwahlbeteiligung ist bisher sehr hoch
       
       Das war schon ein merkwürdiges Lob für einen Parteifreund: „Brillante Rede,
       wusste gar nicht, dass der das kann“, ließ sich eine CDU-Größe zitieren,
       nachdem Klaus-Dieter Gröhler im März beim Landesparteitag unter viel
       Beifall gesprochen hatte. Wusste gar nicht, dass der das kann? Nach vielen
       Jahren zusammen in der Partei?
       
       Das lag und liegt vielleicht daran, dass Gröhler nicht die vermeintlich
       großen Themen suchte, sondern sich vorwiegend mit dem beschäftigte, was um
       ihn herum Alltag ist. Das ließ dann manche in der CDU denken, Gröhler sei
       ein reiner Kiezpolitiker, Typ Dorfschulze, der mal lieber auf seinem Posten
       als Stadtrat im Bezirksamt in Charlottenburg-Wilmersdorf geblieben wäre,
       statt 2013 in den Bundestag zu gehen.
       
       Gut möglich, dass auch Tim Renner dieses Bild vor Augen hatte und dachte,
       als eloquenter Kulturmacher leichtes Spiel zu haben. Der frühere
       Musikmanager, bis Ende 2016 noch Kulturstaatssekretär, war bundesweit
       dadurch bekannt geworden, dass er Chris Dercon zum neuen Chef der
       Volksbühne machte, womit er einen großen Streit auslöste.
       
       Nun will er seine Karriere als SPD-Bundestagsabgeordneter fortsetzen.
       Parteiintern klappte das Vorhaben gut, Renner setzte sich in einer Urwahl
       unter anderem gegen die etablierte Landespolitikerin Ülker Radziwill durch,
       die 2013 gegen Gröhler unterlag. Der trat damals wie jetzt ohne sicheren
       Platz auf der Landesliste seiner Partei an und musste den Wahlkreis in
       jedem Fall gewinnen. Renner hingegen kann darauf hoffen, über die SPD-Liste
       auch bei einer Niederlage in den Bundestag zu kommen.
       
       Medienfuzzi versus bodenständiger Kommunalpolitiker war also die
       Erwartungshaltung für den Wahlkampf. Da war es schon etwas ernüchternd, als
       einen dann Anfang August von den Renner-Wahlplakaten wie von anderen
       SPD-Plakaten bloß das übliche Politikergesicht anschaute, blass zudem.
       Gröhler hingegen baute das aus, womit er sowieso verbunden wird, seine
       Bodenständigkeit: Seine Wahlplakate zeigen in jedem Stadtteil einen anderen
       Hintergrund und den Stadtteilnamen statt den des gesamten großen Bezirks.
       Das zieht offenbar, diverse Wahlkreisumfragen sehen ihn vorn.
       
       Zwei Dinge können den Zweikampf allerdings durchaus beeinflussen: Zum
       Bezirk gehört auch Grunewald, eine Hochburg der wieder erstarkten FDP. Die
       könnte der CDU im bürgerlichen Lager durchaus Stimmen abnehmen. Was für
       Gröhler persönlich allerdings nur dann zum Problem würde, wenn diese Gruppe
       ihre Stimmen nicht splittet, also in klassischer Weise mit der Zweitstimme
       FDP, mit der Erststimme aber den CDU-Kandidaten wählt.
       
       Ähnlich könnte sich für Renner auswirken, dass für die Grünen im Wahlkreis
       nicht irgendwer, sondern Lisa Paus kandidiert. Das hat sie zwar auch 2013
       gemacht, aber dieses Mal ist sie Spitzenkandidatin der Berliner Grünen,
       dürfte also größere Bekanntheit haben. Außerdem war Paus zunehmend mit
       ihrer Arbeit im Haushaltsausschuss des Bundestags in den Medien. Von
       Vorteil ist für Gröhler, dass das eher SPD-nahe Charlottenburg-Nord zum
       Wahlkreis Spandau gehört.
       
       21 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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