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       # taz.de -- Fernsehpreise in den USA: Emmys werden zur Polit-Show
       
       > „The Handmaid's Tale“ wird beste Serie. Alec Baldwin wird für seine
       > Darstellung Trumps ausgezeichnet – und auch sonst ist der Präsident
       > allgegenwärtig.
       
   IMG Bild: Alec Baldwin mit seinem Trump-Preis
       
       Los Angeles dpa | Sogar während einer der offiziellen TV-Debatten im
       Präsidentschaftswahlkampf beklagte sich Donald Trump, dass seine
       Reality-Show „The Apprentice“ trotz mehrerer Nominierungen nie einen Emmy
       gewann. „Wir hätten ihn wirklich bekommen sollen.“ Genau, sagt der
       diesjährige Emmy-Moderator Stephen Colbert. „Warum habt ihr ihm keinen Emmy
       gegeben? Wenn er einen gewonnen hätte, wäre er vielleicht nie in das Rennen
       um die Präsidentschaft gegangen. Er hat euch nie vergeben und er wird es
       nie tun.“
       
       Aber, sagt Colbert in seinem nächsten Seitenhieb auf den US-Präsidenten:
       „Anders als die Präsidentschaft gehen die Emmys an die Gewinner der
       direkten Stimmen.“ Trumps Gegenkandidatin Hillary Clinton hatte bei der
       Wahl im November knapp drei Millionen mehr Stimmen sammeln können, unterlag
       jedoch aufgrund der geringeren Zahl der Wahlmännerstimmen.
       
       Zehn Monate ist die US-Präsidentschaftswahl nun schon her, aber Trumps
       Triumph hat die erste Emmy-Verleihung seiner Amtszeit zur Polit-Show werden
       lassen. „Der größte TV-Star des vergangenen Jahres ist Donald Trump“, sagt
       Colbert bei der Gala in der Nacht zum Montag im Microsoft Theater in Los
       Angeles. „Jede Show war auf irgendeine Weise von Trump beeinflusst.“
       
       Vor allem „Saturday Night Live“, die politische Satire-Show, die mit
       Parodien von Clinton und Trump für Furore sorgte. Kate McKinnon und Alec
       Baldwin gewinnen dafür Emmys als beste Nebendarsteller in einer
       Comedy-Serie. „Teil dieser Staffel von „Saturday Night Live“ zu sein, war
       das Bedeutendste, was ich je machen werde, wahrscheinlich sollte ich jetzt
       einfach aufhören“, sagt McKinnon schluchzend in ihrer Dankesrede. „Ich
       danke Hillary Clinton für ihre Anmut.“ Und Baldwin wendet sich direkt an
       Trump, den er in der Serie parodiert: „Ich schätze, ich sollte sagen: Mr.
       Präsident, hier ist endlich ihr Emmy.“ Insgesamt gewinnt „Saturday Night
       Live“ neun der wohl wichtigsten Fernsehpreise der Welt.
       
       ## Spicer als Gast
       
       Noch bevor aber irgendein Preis verliehen wird, fährt überraschend Trumps
       früherer Pressesprecher Sean Spicer mit einem Podium auf die Bühne. „Dies
       wird die größte Zuschauerzahl sein, die jemals die Emmys verfolgt hat.
       Punkt!“, sagt der 45-Jährige. Am Tag nach der Amtseinführung Trumps im
       Januar hatte Spicer bei seiner ersten Pressekonferenz behauptet: „Dies war
       das größte Publikum, das jemals einer Amtseinführung beiwohnte. Punkt!“
       Darum entspann sich ein Streit mit Medienvertretern, die diese These in
       Zweifel zogen. Im Publikum der Emmys saß eine sichtlich erstaunte Melissa
       McCarthy. Sie hatte Spicer immer wieder für „Saturday Night Live“ parodiert
       – inklusive fahrbarem Podium.
       
       Neben „Saturday Night Live“ gewinnen vor allem die Serien „Veep – Die
       Vizepräsidentin“, „Big Little Lies“ und „The Handmaid's Tale“, sowie John
       Oliver's Late-Night-Politiksatire „Last Week Tonight“. Um Trump aber
       scheint bei dieser 69. Emmy-Verleihung niemand herumzukommen.
       
       „Wir hatten eine ganze Geschichte über eine Amtsenthebungsklage geplant,
       aber das haben wir dann aufgegeben, weil wir besorgt waren, dass uns da
       jemand zuvorkommt“, sagt Julia Louis-Dreyfus, die für ihre Rolle in „Veep“
       als beste Hauptdarstellerin einer Comedy-Serie ausgezeichnet wird. Und auch
       der Afroamerikaner Donald Glover spricht das Thema an, als er für seine
       Rolle in „Atlanta“ als bester Hauptdarsteller in einer Comedy-Serie geehrt
       wird. „Ich danke Donald Trump, dass er Schwarze zu den am meisten
       unterdrückten Menschen gemacht hat, er ist wahrscheinlich der Grund dafür,
       dass ich jetzt hier stehe.“
       
       Insgesamt, fasst Moderator Colbert zusammen, gebe es derzeit ganz schön
       viel gute Fernsehstoffe in den USA – aber wer habe Zeit, das alles
       anzuschauen? „Niemand hat so viel Zeit – bis vielleicht auf den
       Präsidenten, der scheint zuviel Zeit zum Fernsehschauen zu haben. Hallo,
       Herr Präsident, ich freue mich schon auf ihre Tweets.“
       
       18 Sep 2017
       
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