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       # taz.de -- Die Stimme aus dem Ausland: Öde Kampagne
       
       > Ohne Konfrontation Gut gegen Böse: In der Ukraine, wo WählerInnen gern
       > mit Buchweizengrütze gekauft werden, interessiert die Bundestagswahl
       > kaum.
       
   IMG Bild: Kriegsgebiet Donbass: Die Ukraine hat andere Sorgen, als eine deutsche Wahl
       
       Nach der Arbeit sitze ich mit meiner Nachbarin in der Küche, und wir
       sprechen über unsere Pläne für den Abend. Sie ist Journalistin und auf der
       Suche nach Arbeit in die ukrainische Hauptstadt Kiew gekommen. „Ich sitze
       gerade an einem Bericht über die Wahlen in Deutschland“, sage ich. Sie:
       „Was, dort wird gewählt? Habe ich gar nicht gewusst.“
       
       Diese Äußerung sagt viel darüber aus, wie ukrainische Medien mit dem Thema
       Wahlen in Deutschland umgehen. Am Dienstag dieser Woche war dem führenden
       Internetportal Ukrainska Pravda Deutschland eine Nachricht wert. Dabei ging
       es nicht um die bevorstehenden Wahlen, sondern um den Vorschlag von
       Außenminister Sigmar Gabriel, die Sanktionen gegen Russland
       herunterzufahren, sollte eine UNO-Mission im Donbass erfolgreich sein.
       
       Auf der Website der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform wird
       Deutschland an diesem Tag unter den Rubriken Sport und Unterhaltung
       abgehandelt. Und auf den gesellschaftspolitischen Seiten wird das Thema
       wenig gelesen. So verzeichnet der Bericht von Hromadske Radio „Wie werden
       die Wahlen in Deutschland verlaufen?“ gerade einmal 62 Aufrufe.
       
       „Bei diesen Wahlen gibt es keine Intrigen, es gibt keine klare
       Konfrontation guter gegen böser Kräfte – so wie bei den Wahlen in den USA.
       Der Favorit steht auch schon fest: die Partei von Angela Merkel“, schreibt
       der ukrainische Journalist Bogdan Miftachov, der die Bundestagswahlen für
       das Portal Delo verfolgt und etwas gelangweilt ist. Jamaika sei die ideale
       Variante für die Ukraine – mit einer Kanzlerin Angela Merkel und einem
       Außenminister Cem Özdemir.
       
       ## Beeindruckt vom Wahl-O-Maten
       
       Nach ukrainischen Maßstäben ist die Wahlkampagne in Deutschland wirklich
       öde. Hier wäre jemand eine Woche vor den Wahlen bereits durch den Schmutz
       gezogen, Wähler mit Buchweizengrütze gekauft und Wahlauftritte unterbrochen
       worden.
       
       Beeindruckt ist Miftachov jedoch davon, wie man Wähler an die Urne locken
       will. Zum Beispiel mit dem Wahl-O-Mat, wo der Wähler gefragt wird, welche
       Punkte in einem Parteiprogramm ihm am meisten entsprechen. In der Ukraine
       hingegen seien die Wähler vielfach bereit, ihre Stimme gegen Geld abzugeben
       – oder sie hätten überhaupt kein Interesse an Politik, meint Aleksandr
       Chara, Experte für Außenpolitik. „Arme sind leicht zu führen. Wenn ein
       Mensch Besitz hat, der auf dem Spiel steht, wird er seine Wahl bewusster
       treffen. Das ist eine Art politischer Kultur, die es bei uns nicht gibt“,
       sagt er.
       
       Der Unterschied zwischen der Ukraine und Deutschland zeigt sich übrigens
       auch bei der Wahlbeteiligung. 2014 gaben in Erwartung tiefgreifender
       Veränderungen in der Ukraine 52,42 Prozent ihre Stimme ab. Bei den
       Bundestagswahlen 2013 waren es 71,5 Prozent.
       
       Übersetzung: Barbara Oertel
       
       21 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Grigori Pyrlik
       
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