# taz.de -- Kommentar AfD-Einzug in den Bundestag: Orbánisch für Anfänger
> Der ungarische Premier gratulierte noch in der Wahlnacht. Nur wer ist
> gemeint? Die AfD schätzt er zwar, aber von der CDU ist er abhängig.
IMG Bild: An Merkels Seite benimmt er sich: Viktor Orbán
Heute möchte ich mich als Sprachlehrer anbieten, und die erste Lektion
heißt Orbán für Anfänger. Der ungarische Ministerpräsident schrieb nach den
ersten Prognosen der Wahlnacht: „Budapest gratuliert“. Wie ist das gemeint?
Budapest ist eine linksliberale Stadt, deren Bürger sich nach einem
Parlament sehnen würden, in dem Populisten nur 12,6 Prozent haben. Ich will
die Herausforderung der deutschen Demokratie nicht kleinreden, und es ist
wichtig, mit aller Entschlossenheit gegen die Feinde des Rechtsstaates zu
kämpfen.
Ich erinnere mich aber sehr wohl, dass vor zwei Jahren Bernd Lucke noch
Vorsitzender der AfD war. Die zerfleischen sich schneller als Promis im Big
Brother Haus. Jetzt sitzen fast Hundert Neulinge im Parlament ohne eine
charismatische Führung. Vier Jahre sind lang, wer längerfristig bauen will,
braucht eine Strategie, viel Geduld und eine Menge Disziplin.
Budapest ist populistenerprobt, die Ungarn haben sie in verschiedenen
Formen kennen lernen müssen. Wir wissen, dass die AfD zwar Themen für sich
beansprucht hat, woran auch die deutsche Medien all zu gern sich aufreiben,
aber die bieten auch Angriffsfläche. Nur nicht zu aggressiv vorgehen.
Allein das Gefühl, eine belagerte Burg zu sein, hält so eine Truppe
zusammen.
## Orbán, das enfant terrible
Orbán verschwieg wiederum Sonntagabend, wem Felcsút gratuliert. Das ist der
kleine Ort, wo der ungarische Premier beheimatet ist, wo er sich ein
Stadion bauen ließ, das doppelt so viele Sitze hat wie das Dorf Einwohner.
Hier pendelt, völlig leer, eine kleine Eisenbahn – finanziert durch
EU-Mittel, also mit der freundlichen Unterstützung der deutschen
Steuerzahler.
Felcsút hat Probleme, wenn man auf die deutsche Wahl zu reden kommt. Orbáns
Partei sitzt in der Europäischen Volkspartei Seite an Seite mit der CDU.
Das soll so bleiben. Orbán ist nur so lang das vielbeachtete Enfant
Terrible, wie er Mitglied der Gruppe bleibt. Sonst verkommt er zum Spinner,
wie Jarosław Kaczyński. Er muss also wenigstens ein bisschen so tun, als
würde er sich für die Wiederwahl von Angela Merkel freuen, während seine
Entourage offen für die AfD wirbt.
Die stramm regierungstreue ungarische Presse ist voll mit Hasstiraden auf
Merkel und die deutsche „Lügenpresse“, die AfD wird schön geredet. Erst vor
der Wahl schrieb einer aus Orbáns Umfeld, dass die Unterdrückten dieser
Welt sich aufrichteten, um Trump, Orbán und AfD zu wählen.
Klare Sprache, die auch der ungarische Premier gern sprechen würde. Aber
dafür liebt er zu sehr seine prominente Rolle in Europa und das europäische
Geld in seinem Heimatdorf. Deswegen schreibt er: Budapest gratuliert.
Gelogen ist das nicht, die Wahrheit aber wird verschwiegen.
[1][Lesen Sie mehr zur Bundestagswahl 2017 in unserem Schwerpunkt]
25 Sep 2017
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DIR Gergely Márton
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