# taz.de -- Kommentar Grüner Heimatbegriff: „Wir“ und „die“
> Die großen Parteien versuchen, nationalistische Vokabeln positiv
> umzudeuten. Dabei hat der Begriff „Heimat“ nichts in der Politik zu
> suchen.
IMG Bild: Heimat? Keine Heimat?
Schon der Wahlkampf war von Themen und Tonfall der AfD bestimmt, und deren
Einzug in den Bundestag hat die Fieberkurve des politischen Diskurses
weiter nach oben getrieben. Alle Parteien sehen die Lösung darin,
nationalistisches Vokabular zu übernehmen oder positiv umzudeuten. Nicht
einmal die Grünen können da widerstehen und [1][haben den Begriff der
„Heimat“ für sich entdeckt].
Auf den ersten Blick mag das harmlos erscheinen, ist das Wort doch für
viele Menschen positiv belegt. Heimat ist für sie ein Ort, den sie seit
ihrer Kindheit kennen, der mit ihrer Biografie so untrennbar und
vielschichtig verbunden ist, dass er wie ein Teil von ihnen ist und sie wie
ein Teil von ihm. Ein Ort, an dem sie sich sicher fühlen, weil sie so
selbstverständlich dorthin gehören, dass niemand ihre Zugehörigkeit infrage
stellen kann. Ein Ort, der sie überallhin begleitet, zu dem sie jederzeit
zurückkehren können.
Andere hatten nie einen solchen Ort, oder sie haben ihn nicht mehr, weil
sie ihn für immer verlassen mussten oder weil er nicht mehr existiert. Für
diese Menschen ist das Beste, auf das sie hoffen können, ein Zuhause.
Wird Heimat zu einem politischen Begriff, wird es gefährlich, denn dann
wird Heimat etwas, das durch die bedroht ist, die ein Zuhause suchen. Wenn
der politische Heimatbegriff von einem konkreten Ort auf ein ganzes Land
ausgedehnt wird, entsteht eine Nation, deren Mitgliedschaft durch
Abstammung bestimmt ist. Die für niemanden ein Zuhause sein kann, für den
sie nicht Heimat ist und die für niemanden Heimat werden kann, für den sie
es nicht schon immer war.
Wer Heimat zu einem politischen Begriff macht, teilt die Bevölkerung eines
Landes auf in die, die dazugehören, und die, die im besten Fall Gäste und
im schlimmsten Fall Feinde, aber auf jeden Fall Fremde sind.
5 Oct 2017
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## AUTOREN
DIR Anatol Stefanowitsch
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