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       # taz.de -- Annäherung zwischen Fatah und Hamas: Hoffnung auf Einigung
       
       > Am Dienstag sollen erstmals seit 2007 Regierungsgespräche in Gaza
       > stattfinden. Ein Problem ist die Entwaffung der Kassam-Brigaden.
       
   IMG Bild: Eine Palästinenserin in Gaza wartet am Montag ungeduldig auf die Ankunft von Regierungschef Rami Hamadallah
       
       Jerusalem taz | Ein Ende der palästinensischen Spaltung und damit der
       Belagerung erhoffen sich die Menschen im Gazastreifen von den Verhandlungen
       zur Beilegung des Konflikts zwischen den beiden Parteien Fatah und Hamas.
       
       Hunderte Palästinenser erwarteten am Grenzkontrollpunkt Erez die Ankunft
       von Ministerpräsident Rami Hamadallah am Montag Mittag im Gazastreifen. Zum
       ersten Mal seit gut zehn Jahren sollen am Dienstag in Gaza wieder
       Regierungskonsultationen abgehalten werden.
       
       Hamdallah, der mit einer über 100 Mitglieder umfassenden Delegation kam,
       darunter die Minister und hochrangige Sicherheitsbeamte, begann seinen
       Gaza-Aufenthalt bei dem Chef des Hamas-Politbüros Ismail Hanijeh. Ohne Gaza
       werde es keinen palästinensischen Staat geben, so erklärte Hamdallah,
       sondern erst „wenn Gaza und Westjordanland wieder vereint sind“.
       
       So nah wie diesmal sind sich die zwei Konfliktpartner seit dem Sommer 2007
       nicht gekommen. Damals holte sich die Hamas mit Gewalt, was ihr mit dem
       Wahlsieg ein Jahr zuvor lange zustand: die Kontrolle über den Gazastreifen.
       
       ## Abbas' harte Hand
       
       Seither ist Palästina nicht nur regional zwei geteilt sondern auch
       politisch. Trotz verlorener Wahl führte die Fatah im Westjordanland weiter
       die Geschäfte. De facto gibt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den Ton
       an. Seiner harten Hand gegenüber dem Gazastreifen ist zu verdanken, dass
       die Hamas Bereitschaft signalisierte, ihm die Verwaltung des belagerten
       Küstenstreifens und die Sorge um die dort lebenden rund zwei Millionen
       Palästinenser zu überlassen. Abbas hatte öffentliche Gelder für Strom,
       Wasser und medizinische Versorgung zurückgehalten, um die Islamisten im
       Gazastreifen zur Kapitulation zu zwingen.
       
       Beide Seiten sind nun aufgefordert, die über das Blutvergießen, jahrelanger
       Folter ihrer Anhänger und gegenseitige Unterdrückung angesammelten
       Ressentiments zu überwinden, um auf internationaler Bühne wieder als
       vereintes Volk und damit glaubwürdigere Verhandlungspartner auftreten zu
       können, und um vor allem die Belagerung rasch zu beenden.
       
       Ägypten machte die erneute Stationierung der Fatah-nahen
       Präsidentschaftsgarde am Übergang Rafah zur Bedingung für einen geregelten
       Grenzverkehr. Auch der Warentransport von und nach Israel wäre ungleich
       einfacher, wenn auf beiden Seiten wieder Beamte stehen, die bereit sind,
       miteinander zu kommunizieren. Israel und die Hamas boykottieren sich
       gegenseitig.
       
       Soll es in dieser Woche zunächst um eine erste direkte Kontaktaufnahme
       gehen und um freundliche Gesten, bei denen die Problemthemen außen vor
       bleiben, wird ab kommender Woche in Kairo über konkrete Schritte verhandelt
       werden.
       
       Die ägyptische Regierung war maßgeblich am Zustandekommen der Gespräche
       beteiligt und treibt beide Seiten zur Flexibilität bei ihren Positionen an.
       Alle bisherigen Annäherungsversuche scheiterten an den Machtinteressen der
       Parteien.
       
       Der Hamas geht es in erster Linie um eine Aufhebung der Sanktionen. Die
       Fatah hingegen will nicht nur für Verwaltung und Grenzverkehr zuständig
       sein, sondern strebt die komplette Souveränität an. Nur eine Regierung und
       einen Sicherheitsapparat solle es geben, so das Mantra von Jibril Rajoub,
       ehemals Sicherheitschef im Westjordanland.
       
       Dazu gehört die Kontrolle ausländischer Finanzierungshilfen und die
       Entwaffnung der Kassam-Brigaden, des militärischen Flügels der Hamas. Doch
       die Waffen niederzulegen, so kündigten die palästinensischen Islamisten
       unmissverständlich an, stehe außer Frage.
       
       Die Kassam-Brigaden, so kommentierte Avi Issacharoff, Korrespondent im
       Westjordanland für das Online-Portal Times of Israel, „sind das Herz der
       Hamas“ und der Widerstandskampf gegen Israel ihr Raison d´etre. Issacharoff
       glaubt nicht daran, dass die Hamas-Kämpfer ihre Waffen abgeben werden.
       
       3 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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