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       # taz.de -- Fahrverbotsurteil zu Diesel-Fahrzeugen: Grüne Regierung gegen Gesundheit
       
       > Das Land Baden-Württemberg legt gegen das Diesel-Urteil des
       > Verwaltungsgerichts Stuttgart eine Sprungrevision ein. So wird Zeit
       > gewonnen.
       
   IMG Bild: Protest in Stuttgart
       
       Freiburg taz | Die grün-schwarze Landesregierung hat am Montag Rechtsmittel
       [1][gegen das Diesel-Fahrverbotsurteil] des Stuttgarter Verwaltungsgerichts
       (VG) eingelegt. Dieses wird deshalb nicht rechtskräftig und muss vorerst
       nicht umgesetzt werden.
       
       Der Rechtstreit entstand, weil in Stuttgart (und vielen anderen Städten)
       die Grenzwerte für Stickoxide schon seit Jahren überschritten werden. Die
       Deutsche Umwelthilfe (DUH) verklagte deshalb das Land, es solle den
       Luftreinhalteplan für Stuttgart verschärfen.
       
       Ende Juli gab das Verwaltungsgericht Stuttgart der DUH recht. Das Land
       müsse seinen Maßnahmenplan nachbessern. Einzig erfolgversprechende Maßnahme
       sei dabei ein generelles Fahrverbot für Dieselfahrzeuge unterhalb der
       Schadstoffklasse 6 im gesamten Stadtgebiet, so das Gericht.
       
       Große Teile der Grünen wollten, dass das Land dieses Urteil akzeptiert.
       Denn natürlich ist es peinlich, wenn ausgerechnet eine von den Grünen
       geführte Landesregierung gegen ein konsequent an der Gesundheit
       orientiertes Urteil Rechtsmittel einlegt.
       
       ## Ähnliches Verfahren in Leipzig
       
       Die CDU wollte jedoch, dass das Land in Berufung geht. Dann wäre der
       gesamte Prozess vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim noch einmal neu
       aufgerollt worden. Argument der CDU: So hätten auch die von der
       Autoindustrie beim Dieselgipfel Anfang August versprochenen
       Software-Nachbesserungen berücksichtigt werden können. Allerdings hatte das
       Land solche Software-Lösungen bereits im VG-Verfahren ins Spiel gebracht
       und das Gericht hatte sie als völlig ungenügend abgelehnt. Vermutlich ging
       es der CDU auch eher um maximalen Zeitgewinn.
       
       Nun einigte sich die grün-schwarze Koalition auf einen Mittelweg, den auch
       schon das VG empfohlen hatte. Das Land legte Sprungrevision ein und brachte
       den Rechtstreit direkt vors Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort geht
       es nur noch um Rechtsfragen. Im Mittelpunkt steht dann wohl eine eher
       banale Frage: Kann das Land Fahrverbote für Dieselfahrzeuge anordnen,
       solange der Bund sich weigert, die entsprechenden Verkehrszeichen (blaue
       Zone) hierfür einzuführen.
       
       Ein ähnliches Verfahren wird bereits Anfang 2018 in Leipzig verhandelt.
       Dann geht es um die Luftreinhaltung in Düsseldorf. Auch dort muss geklärt
       werden, mit welchen Verkehrszeichen Dieselfahrverbote angeordnet werden
       können.
       
       Die Lage könnte sich jedoch schlagartig ändern, wenn die Bundes-Grünen in
       einer Jamaika-Koalition durchsetzen, dass es künftig Verkehrsschilder für
       eine strenge blaue Umweltzone gibt. Dann könnte sich die Stuttgarter
       Landesregierung nicht mehr hinter den fehlenden Schildern verstecken. Sie
       müsste Farbe bekennen, ob ihr die Interessen der Diesel-Fahrer und
       -Hersteller wichtiger sind oder die der Anwohner von Autoverkehrsachsen.
       
       3 Oct 2017
       
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