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       # taz.de -- Parteiaustritt vor der Niedersachsenwahl: CDU-Cop bei SPD in Sicherheit
       
       > Kurz vor der Wahl fällt Landespolizeipräsident Uwe Binias der CDU in den
       > Rücken. Die Partei tobt.Wollte sie doch mit dem Thema Sicherheit punkten.
       
   IMG Bild: Hält nichts mehr von seiner Partei: Polizeipräsident Uwe Binias will aus der CDU austreten
       
       Hamburg taz | Jens Nacke ist außer sich. Der parlamentarische
       Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen schimpft über
       einen „Schmutzwahlkampf der SPD“ und dessen „neue Dimension“. Mit einem
       gepfefferten Statement hat er am Dienstag auf Vorwürfe von
       Landespolizeipräsident Uwe Binias und dessen angekündigten Austritt aus der
       CDU reagiert. Nacke wirkt getroffen: Die SPD hat die CDU im laufenden
       Wahlkampf zuletzt wieder eingeholt, die Christdemokraten aber wollen
       besonders mit dem Thema Sicherheit punkten. Der Frontalangriff des obersten
       Landespolizisten auf die Christdemokraten kommt ihnen da denkbar ungelegen.
       
       Binias war 2011 von CDU-Innenminister Uwe Schünemann zum
       Landespolizeipräsidenten ernannt worden. Trotz seines CDU-Parteibuchs hatte
       ihn Schünemanns sozialdemokratischer Nachfolger, Boris Pistorius, 2013 im
       Amt gelassen.
       
       Am Dienstag rechnete Binias nun in einem Interview mit der Hannoverschen
       Allgemeinen Zeitung (HAZ) mit den Christdemokraten ab. Er wolle aus der
       Partei noch vor der Wahl austreten und kündigte an, sein Amt zur Verfügung
       zu stellen. Grund für den Bruch mit der CDU sei deren Verhalten im
       Islamismus-Untersuchungsausschuss. Er habe bitter erfahren müssen, bei
       seiner eigenen Partei kein Vertrauen zu genießen. Einen Eintritt in eine
       andere Partei plane er nicht.
       
       Der Untersuchungsausschuss versuchte seit Mai 2016 auf Antrag von CDU und
       FDP, Schwachstellen bei der Abwehr möglicher islamistischer Bedrohungen in
       Niedersachsen aufzudecken. Im Vordergrund stand der Fall der jugendlichen
       IS-Sympathisantin Safia S., die am Hauptbahnhof Hannover einen Polizisten
       schwer verletzt hatte.
       
       FDP und CDU hatten Vorwürfe formuliert, es habe eine politische
       Einflussnahme des Innenministeriums auf die Sicherheitsbehörden gegeben,
       Islamisten nicht zu verfolgen. Dazu sagte Binias: „Das ist schlicht
       falsch.“ Voll des Lobes war er indes für SPD-Innenminister Pistorius: „Er
       setzt sich stark und glaubwürdig für die Polizei ein und genießt dafür
       weite Anerkennung“, sagte er der HAZ.
       
       CDU-Fraktionsgeschäftsführer Nacke schoss scharf zurück: „Noch nie hat sich
       ein niedersächsischer Landesbeamter fünf Tage vor einer Landtagswahl derart
       für den Wahlkampf einer Regierungspartei vor den politischen Karren spannen
       lassen.“ Binias habe als Beamter damit „eklatant gegen das Mäßigungsgebot
       verstoßen“. Das sei laut Nacke ein Rechtsverstoß, der Folgen haben müsse.
       
       Zum Untersuchungsausschuss erklärte Nacke, dieser habe, anders als von
       Binias behauptet, „eine Vielzahl haarsträubender Fehler der
       Sicherheitsbehörden im Umgang mit islamistischen Aktivitäten in
       Niedersachsen aufgedeckt“.
       
       Es gebe Belege für eine politische Beeinflussung: „Trotz der Ausreisewelle
       gewaltbereiter Islamisten nach Syrien waren Kontrollen im Umfeld von
       Moscheen politisch nicht gewollt.“ Auch habe im Verfassungsschutz die
       Anweisung, Daten über Jugendliche unter 16 Jahren grundsätzlich nicht mehr
       zu speichern, zu großer Verunsicherung geführt. So wurde verhindert, dass
       die Daten von Safia S. vor ihrem Attentat gespeichert wurden.
       
       Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger hatte dazu bereits im März
       erklärt, dass es keine solche Weisung gegeben habe, sondern lediglich einen
       Hinweis eines Mitarbeiters auf die sensible Behandlung von Daten
       Minderjähriger.
       
       Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte Vorwürfe zur Polizeiarbeit im
       Fall von Safia S. bereits zurückgewiesen. Und, trotz der Versprechen der
       CDU, im Falle eines Wahlsieges unter anderem die Gehälter der Polizisten zu
       erhöhen, stellte sich GdP-Landesvorsitzender Dietmar Schilff auch am
       Dienstag hinter Binias. Der sei mit seiner Einschätzung zum
       Untersuchungsausschuss in der Polizei nicht allein.
       
       Bei Grünen und SPD beobachtet man das Ganze entsprechend zurückgelehnt.
       Innenminister Pistorius war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Und
       Helge Limburg, Parlamentarischer Geschäftsführer der grünen
       Landtagsfraktion, erklärte: „Wir haben großen Respekt vor der Entscheidung
       und Erklärung des Polizeipräsidenten.“ Binias habe bestätigt, „dass die
       öffentliche Sicherheit bei SPD und Grünen in guten Händen ist.“
       
       10 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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