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       # taz.de -- Theater in Leipzig: Schöpfung für den Elfenbeinturm
       
       > „Hypezig“, „Hypezig“: Im Neuen Schauspiel startet das Theaterstück
       > „Gewonnene Illusionen“ und beleuchtet den Hype um Leipzig kritisch.
       
   IMG Bild: Was war am Anfang: die Bewohner, die Nachziehenden oder der Hype?
       
       Leipzig taz | Eigentlich ist das hier kein Ort für eine Bühne mit Publikum:
       Im Foyer des Leipziger Schauspielhauses ist vor den Zugängen zum Parkett
       ein Fernsehstudio aufgebaut. Zwischen den vier Diskutierenden steht ein
       Glastisch mit einem goldenen Ständer in Form der Leipziger Skyline. Die
       Fensterattrappen ringsum zeigen die in der Dämmerung hell erleuchtete
       Stadt. „Kulturm – Kultur im Elfenbeinturm“ heißt diese Parodie auf
       Fernseh-Literaturquartette, die das Ensemble des Schauspielhauses hier
       inszeniert. Sie ist ein Teil des Theaterstückes „Gewonnene Illusionen“ von
       Jörg Albrecht, das am Sonntag im Schauspiel zur Uraufführung gekommen ist.
       
       Das Stück ist der zweite Teil der Reihe „Ceci n’est pas un Hype“, die mit
       Humor und Ironie den Hype um Leipzig auf die Schippe nimmt. Den Begriff
       Hypezig hat vor fünf Jahren der Autor und Blogger André Herrmann in die
       Welt gesetzt, was er heute bereut: Viele sahen es als Kompliment, er jedoch
       hatte es als Kritik gemeint. Schon vorher wollten die Artikel über die
       Frage, ob Leipzig „das neue Berlin“ oder „das deutsche Paris“ ist, kein
       Ende nehmen. Eine selbsterfüllende Prophezeiung: Je größer der Hype, desto
       schneller verläuft die Gentrifizierung in der Stadt.
       
       Die Elfenbeinturmbewohner im Studio interessiert das nicht: Sie
       schwadronieren selbstverliebt, streiten affektiert und machen Werbung –
       oder Antiwerbung – für Leipzig. Die Serie, die sie besprechen, spielt in
       Paris, doch sie wurde in Leipzig gedreht: „Ich kann nicht verhehlen, dass
       Leipzig einfach das erschwinglichere Paris ist!“, ruft die
       Tourismusmanagerin in die Runde.
       
       Das ganze Theaterhaus ist in Schauplätze der Hypezig-Debatte verwandelt; im
       Treppenhaus steht das „Palais Royal“, ein Einkaufszentrum mit Minigolf und
       Pop-up-Immobilienshop. Es gibt sogar einen Gebetsraum der Gentrifizierung.
       Parallel wird auf einer weiteren Bühne die Schöpfungsgeschichte der Stadt
       inszeniert. Im Raum steht die Frage, was am Anfang war: die Bewohner, die
       Nachziehenden oder der Hype?
       
       Jede Zuschauerin und jeder Zuschauer sieht alle Teile des Stücks,
       allerdings in unterschiedlicher Reihenfolge und in drei Gruppen geteilt –
       schon logistisch ist das beeindruckend, schauspielerisch sind viele Teile
       erstklassig, dramaturgisch bietet jede Bühne eine neue Überraschung. Es
       lohnt sich also durchaus, sich wirklich alles anzuschauen. Man braucht aber
       Durchhaltevermögen, das Stück dauert drei Stunden.
       
       „Gewonnene Illusionen“ läuft noch je zweimal im Oktober, November und im
       April im Leipziger Schauspielhaus.
       
       6 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Helke Ellersiek
       
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