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       # taz.de -- Geld sammeln für die Bahnhofsmission: Ein Lichtblick im dunklen Grau
       
       > Studenten der Beuth-Hochschule in Wedding wollen Wohnungslosen helfen.
       > Sie stellen deshalb Fotos aus und möchten sie für einen guten Zweck
       > verkaufen.
       
   IMG Bild: Eines der mehr als 100 Bilder aus der „Lichtraum“–Ausstellung: „Life is not a Candyshop“ (Ausschnitt)
       
       Ein Mann mit einem Einkaufstrolley steht im Hof eines Plattenbaus. Er
       bückt sich nach einem Gegenstand – vielleicht ist es eine Münze, vielleicht
       auch nur eine Pfandflasche. Nur seine ausgestreckte Hand zeigt, dass da
       etwas liegen muss. Am Himmel hängt eine graue Wolkendecke. Ein paar
       Sonnenstrahlen haben sich durchgekämpft und werfen einen Lichtschein an die
       Fassade. Die Kälte ist förmlich zu spüren: die dicke Jacke, die verwehten
       Haare, die kahlen Sträucher. Es sind die letzten Herbsttage vor dem
       nahenden Winter.
       
       Der Mann mit dem Trolley ist auf einem Foto von Kolja von der Heide zu
       sehen, dass Teil der Ausstellung „Lichtraum“ ist (siehe Bild in der Mitte
       des Textes). Zwanzig Studenten des Studiengangs Screen Based Media
       präsentieren kurz vor der Kältesaison mehr als hundert Arbeiten, die auf
       das Schicksal von Wohnungslosen hinweisen sollen.
       
       Das Projekt der Beuth Hochschule für Technik Berlin, die ihren Sitz in
       Wedding hat, ist ab 15. Oktober im Kühlhaus Berlin am Gleisdreieck zu
       sehen. „Uns geht es darum, hinzuschauen und aufmerksam zu machen“, erklärt
       Kurator Friedrich Bungert. Nicht alle könnten jetzt, wo es kälter wird,
       einfach ihre Heizung aufdrehen. „Weil sie schlichtweg keine Heizung und
       kein Zuhause haben.“
       
       Mit „Lichtraum“ wollen die Studenten jedoch nicht nur wachrütteln, sie
       möchten auch konkrete Hilfe leisten. Deshalb stehen alle Bilder zum
       Verkauf. Der Erlös geht an die Bahnhofsmission am Zoo. Dort freut man sich
       über die Unterstützung: „Das Engagement der jungen Leute berührt mich
       sehr“, sagt Missionsleiter Dieter Puhl. Aktuell sei die Stimmung in der
       Stadt gegenüber Obdachlosen eher schlecht. „Mit dem Geld können wir vor
       allem Schlafsäcke anschaffen.“
       
       Auf die Idee, die Ausstellung mit einer Spendenaktion zu verbinden, kam
       Kurator Bungert durch sein privates Engagement. Der 22-Jährige hilft seit
       mehr als drei Jahren in der Bahnhofsmission mit. Gerade steht er in seiner
       blauen Uniform am Eingang und regelt den Einlass in den Speisesaal. „Für
       den Monatsanfang ist ziemlich viel los“, sagt er. Sonst käme der Andrang
       eher am Ende, wenn das Geld knapp wird.
       
       Damit auch die anderen Studenten einen Einblick bekommen, arbeiten sie an
       diesem Tag alle in der Bahnhofsmission. Sogar Professor Peter Wutz steht in
       der Küche und packt mit an. „Wenn wir unsere Ausstellung ernst nehmen,
       müssen wir uns für das Thema sensibilisieren“, erklärt Bungert.
       
       In der Schlange draußen vor der Tür stehen vor allem Männer. Viele tragen
       dicke Jacken und Einkaufstüten. Eine ältere Frau zieht einen Trolley hinter
       sich her. Vieles erinnert an die Bilder der Ausstellung, aber Szenen von
       Obdachlosen machen nur einen Teil der Fotografien aus. Straßenszenen
       vermischen sich mit abstrakten Fantasiemotiven: ein Mann, der sich im
       kalten Wind eine Zigarette anzündet, schmelzendes Polareis oder eine junge
       Frau, die unbekleidet in einem sonnendurchfluteten Kornfeld sitzt. „Viele
       der Arbeiten lassen im dunklen Grau einen Hoffnungsschimmer erkennen“,
       erklärt Bungert. „So wie ihn die Bahnhofsmission in ihrer täglichen Arbeit
       bietet.“
       
       13 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Francis Laugstien
       
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