# taz.de -- Kommentar Iraks Armee gegen Kurden: Unklug und gefährlich
> Das kurdische Unabhängigkeitsreferendum hat eine Intervention des
> Militärs zur Folge. Nun ist die Autonomie insgesamt bedroht.
IMG Bild: Eine paramilitärische Einheit der irakischen Regierung auf dem Weg in den Norden des Landes
Es kam wie es kommen musste. Auf das Unabhängigkeitsreferendum der
irakischen Kurden Mitte September folgt nun keine Unabhängigkeit, sondern
eine von den Nachbarn Iran und Türkei unterstützte Militärintervention der
irakischen Armee. Jeder wusste, dass eine einseitige
Unabhängigkeitserklärung der irakischen Kurden auf heftigen Widerstand
stoßen würde. Selbst die USA, als wichtigster Verbündeter von
Kurdenpräsident Massud Barsani, versuchten die kurdische Autonomieregierung
von dem Referendum abzuhalten. Vergeblich.
Um den Ärger in Bagdad und bei den Nachbarn perfekt zu machen, hat Barsani
mit dem Referendum implizit auch noch versucht, Gebiete, die bislang nicht
zur Autonomieregion gehörten, formal dem neuen kurdischen Staat
einzugliedern. Das wichtigste dieser Gebiete ist die ölreiche Provinz
Kirkuk, deren Status zwischen den Kurden und der Zentralregierung seit dem
Sturz Saddam Husseins strittig ist.
Die Armee ist nun in Gebiete rund um die Stadt Kirkuk einmarschiert, Kämpfe
zwischen Kurden und vom Iran unterstützten schiitischen Milizen eskalieren.
Den Flughafen von Kirkuk und die entscheidenden Ölgebiete haben die Kurden
bereits verloren, auch die Millionenstadt Kirkuk selbst werden sie nicht
halten können.
Barsani hat mit seinem ohne Not veranstalteten Unabhängigkeitsreferendum
hoch gepokert und er droht nun viel zu verlieren. Am Ende könnte nicht nur
die Provinz Kirkuk wieder unter die Kontrolle der Zentralregierung geraten,
sondern die Autonomie der Kurden insgesamt bedroht sein. Ohne klare
Strategie, ohne Verbündete, ohne die leiseste Chance, dass die
Weltgemeinschaft eine kurdische Unabhängigkeit anerkennen würde, hat
Barsani die Lunte an ein Pulverfass gelegt, das nun allen irakischen Kurden
um die Ohren zu fliegen droht.
Wie immer man den moralischen Anspruch der Kurden auf einen eigenen Staat
bewerten mag – das war keine kluge Politik. Gefühliger Nationalismus ist
kein guter Ratgeber.
17 Oct 2017
## AUTOREN
DIR Jürgen Gottschlich
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