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       # taz.de -- Deutsch für neue Gröpelinger: Es fehlen die Vorbilder
       
       > Vom wem sollen geflüchtete Kinder in Bremen Deutsch lernen, fragt
       > Kristina Vogt (Die Linke).
       
   IMG Bild: Schwächen bei Lesen und Orthografie: Grundschüler*innen in Bremen
       
       Bremen taz | Ist Bremens Linie gescheitert, nach der zugewanderte Kinder
       nach sechs Monaten Sprachförderung in regulären Grundschulklassen
       unterrichtet werden? Diese Frage stellt jetzt Kristina Vogt,
       bildungspolitische Sprecherin der Fraktion der Linken. Der Anlass: Das
       schlechte Abschneiden Bremens beim Ländervergleich zur Kompetenzermittlung
       von Viertklässlern.
       
       Am Freitag hatte das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
       (IQB) seinen neuen Bericht zum Bildungstrend vorgestellt. Im Auftrag der
       Kultusministerkonferenz (KMK) überprüft das Berliner Institut regelmäßig,
       ob Schüler*innen die von der KMK festgelegten Bildungsstandards erreichen.
       Das Ergebnis: In keinem anderen Bundesland liegen so viele Schüler*innen
       unter diesen Standards, auch im Vergleich mit anderen Stadtstaaten steht
       Bremen schlecht da.
       
       Im Kompetenzbereich Lesen erfüllt ein Viertel der Viertklässler*innen nicht
       die Anforderungen der KMK, bei Zuhören ist es ein Fünftel und bei
       Orthografie sogar 40 Prozent. In Mathematik sind es 35 Prozent, die nicht
       das können, was sie nach Einschätzung der KMK in ihrer Jahrgangsstufe
       können sollten. Und: Das Abschneiden Bremer Schüler*innen in Mathematik und
       Zuhören hat sich seit dem ersten IQB-Bericht im Jahr 2011 noch einmal
       verschlechtert. „Dramatisch“ nannte daher Bremens Bildungssenatorin Claudia
       Bogedan (SPD) die Ergebnisse am Freitag. „Unsere bisherigen Maßnahmen haben
       offensichtlich nicht gegriffen.“ Sie verwies darauf, „dass zwischen den
       Vergleichsstudien 2011 und 2016 die soziale Ausgangslage deutlich
       schwieriger geworden ist“. So sei die Armutsgefährdungsquote von
       Bremer*innen unter 18 Jahren von 31,8 auf 36,6 Prozent stärker als im
       Bundesdurchschnitt gestiegen.
       
       Auch Kristina Vogt von der Linken hält die schwierige soziale Lage in
       einigen Stadtteilen für verantwortlich dafür, dass Lehrer*innen Kinder
       nicht individuell fördern können. Dass sich diese Probleme in einigen
       wenigen Schulen ballen – vor allem in Blumenthal, Gröpelingen, Huchting –,
       liege daran, dass nur dort noch günstige Wohnungen zu finden seien. Daher
       würden geflüchtete Familien vor allem in diese Stadtteile ziehen – in der
       Folge gebe es in Kindergärten und Grundschulen kaum Kinder, die mit Deutsch
       als Muttersprache aufgewachsen sind.
       
       „Dass die Mehrheit Deutsch als Zweitsprache spricht, ist für diese Schulen
       nichts Neues“, sagt Vogt, die lange Elternvertreterin in der Schule ihres
       Sohnes in Gröpelingen war. „Aber es ist ein Unterschied, ob ein Fünftel
       einer Klasse gut Deutsch spricht oder ein oder zwei Kinder.“ Unter diesen
       Voraussetzungen funktioniere die frühe Integration in Regelklassen nicht –
       die sie eigentlich gut findet.
       
       „Aber den Kindern fehlen die Sprachvorbilder.“ Ob es sinnvoll sei, wie in
       Bremerhaven Schüler*innen aus benachteiligten Stadtteilen mit Bussen quer
       durch die Stadt zu anderen Grundschulen zu schicken, bezweifelt sie. „Die
       Idee kommt aus den USA, da ist das gescheitert, weil die Besserverdiener
       ihre Kinder an Privatschulen angemeldet haben.“ Problematisch findet sie
       auch, dass diejenigen mit den schwierigeren Startbedingungen die langen
       Busfahrten auf sich nehmen müssten – und nicht die Kinder aus
       Schwachhausen, die von den Eltern vorgefahren würden.
       
       Wie die Zuwanderung von Geflüchteten die Kompetenzstandards beeinflussen,
       wird erst im nächsten IQB-Bericht deutlich werden. Am aktuellen sollten
       laut Institut keine Schüler*innen teilnehmen, die weniger als ein Jahr in
       deutscher Sprache unterrichtet wurden.
       
       17 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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