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       # taz.de -- Kommentar Jamaika-Gespräche: Grüne Musterschüler, nervöse Partner
       
       > Jamaika wird zustandekommen. Die eigentliche Frage ist, wie weit lässt
       > Merkel sich von CSU, Spahn und Lindner nach rechts treiben?
       
   IMG Bild: Das wird schon
       
       Die Lage ist kurios. Eigentlich hätten die Grünen mit Blick auf Jamaika
       genug Gründe, [1][unsicher oder konfus zu wirken]. Sie wechseln ja das
       Lager und gehen ein ziemliches Risiko ein. In Niedersachsen haben sie
       bereits Richtung SPD und Linkspartei verloren. Wenn Özdemir & Co mit der
       FDP, die sie zu hassen lieben, regieren, dann werden sie alle Provokationen
       von Wolfgang Kubicki und Christian Lindner tapfer ertragen müssen. Und
       Angela Merkel hat es bisher noch immer geschafft, ihre Koalitionspartner
       zu ruinieren. Die Grünen könnten, ja sie müssten nervös sein.
       
       Doch die Grünen wirken vor der ersten Sondierung am Mittwoch wie der
       Musterschüler, der frisch geduscht und perfekt vorbereitet zur
       Klassenarbeit erscheint. Die Ansage ist klar: Die Ökopartei will regieren
       und geht das geschlossen an. Dass der Parteilinke Jürgen Trittin für die
       Sondierungskommission reaktiviert wurde, passt ins Bild.
       
       Union und FDP wirken hingegen ziemlich verspannt und unsortiert. Die CSU
       wird Problembär Nummer eins. Sie hat vollmundig angekündigt, die rechte
       Flanke zu schließen, und muss irgendeine Trophäe nach München bringen. Sie
       schaut sehnsüchtig nach Österreich und würde gern die schneidige ÖVP
       kopieren. Außerdem formiert sich zum ersten Mal in der Ära Merkel in der
       CDU ein ernst zunehmender rechter Flügel, der glaubt, mit
       migrationsskeptischen Sprüchen die Rechtspopulisten bekämpfen zu können.
       Doch offene Anpassung an AfD-Parolen – das werden sogar die politisch
       äußerst dehnbaren Grünen nicht mitmachen.
       
       Das etwas wirre Bild komplettiert die FDP, deren Hemdsärmeligkeit mitunter
       einfach nur unprofessionell ist. Lindner trompetet, dass die CDU auf keinen
       Fall das Finanzministerium bekommen wird. Das ist pure Hybris und ein
       Zeichen, dass die Liberalen aus Guido Westerwelles Fehlern in der letzten
       Regierung nichts gelernt haben. Dass Verhandlungen günstig verlaufen, wenn
       der kleine Koalitionspartner dem großen vorab diktiert, welche Ministerien
       der schon mal vergessen kann, wäre jedenfalls neu.
       
       ## Neuwahlen auf das Konto der Union gebucht
       
       Jamaika wird ein kompliziertes Mobile, ein Gesamtkunstwerk von Kompromissen
       und Deals. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, woran diese
       Koalition scheitern kann – und gleichzeitig ist genau dieses Szenario das
       unwahrscheinlichste. Denn die missliche Folge wären Neuwahlen, an denen
       auch eine CSU kein Interesse hat. Die Schuld an Neuwahlen würde wohl auf
       das Konto der Union gebucht.
       
       Ob Merkel ein Scheitern überstehen würde, ist genauso unklar wie die Frage,
       wer ihr nachfolgen würde. Mögliche interne Richtungskämpfe direkt vor
       Wahlen – das ist für eine an freundliche Langeweile gewöhnte Partei wie die
       Union ein Albtraum, der enorm diszipliniert. Das präpotente Gehabe der FDP
       wird sich, wenn in Nachtsitzungen um Details gekämpft wird, auch irgendwann
       abschleifen.
       
       Die Schlüsselfrage lautet nicht, ob Jamaika klappt. Sondern: Wie weit lässt
       Merkel sich von CSU, Spahn und Lindner nach rechts treiben?
       
       18 Oct 2017
       
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