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       # taz.de -- Kritik an der Organisation „Transfair“: Für Greenwashing gefeiert
       
       > „Transfair“ verteilt Fairtradesiegel – und soll bald mit der
       > Saar-Regierung zusammenarbeiten. Die Organisation gilt jedoch als
       > gewerkschaftsfeindlich.
       
   IMG Bild: Transfair verlieh Starbucks das Fairtrade-Siegel – obwohl das Unternehmen unfaire Löhne zahlt
       
       „Faire“ Schokolade, Rosen oder T-Shirts gibt es inzwischen im Supermarkt um
       die Ecke und beim Discounter auf der grünen Wiese. Auch viele Kommunen
       werben gerne mit dem Label. Im September wurde Gotha als die 500.
       „Fairtrade-Town“ in Deutschland gekürt. Der Titel verpflichtet Städte unter
       anderem dazu, bei ihrer Beschaffung von Papier und Kantinenessen fairer
       einzukaufen. Doch das Wachstum außerhalb geschützter Räume wie Weltläden
       findet schon lange nicht mehr jeder gut. Jetzt wird auch unter
       Gewerkschaftern Kritik laut. Transfair, die Organisation, die das
       Fairtrade-Siegel vergibt, verhalte sich „seit vielen Jahren offen
       gewerkschaftsfeindlich und neoliberal“, heißt es in einer gemeinsamen
       Erklärung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Aktion
       3. Welt.
       
       Anlass der Kritik ist der neue Koalitionsvertrag von CDU und SPD im
       Saarland. Er sieht vor, die Region in Zusammenarbeit mit Transfair zu einem
       „fairen Bundesland“ zu machen – ohne auf die Einhaltung gewerkschaftlicher
       Standards im Fairen Handel einzugehen. Jessica Reckler von der NGG-Region
       Saar: „Wer Starbucks das bekannteste Fairtrade-Siegel verleiht, muss auch
       den Mund aufmachen, wenn unfaire Löhne gezahlt werden.“
       
       Seit 2010 hat die US-Kette Starbucks in Deutschland fair gehandelten Kaffee
       im Angebot. Schon zuvor hatte der Discounter Lidl Fairtrade-Kaffee ins
       Sortiment aufgenommen – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als die
       Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Arbeitsbedingungen dort anprangerte.
       Lidl gilt der NGG weiterhin als „gewerkschaftsfeindlich“. „Löhne und
       Arbeitsbedingungen sind schlecht“, ergänzt Roland Röder von der Aktion 3.
       Welt. Für ihr „Greenwashing“ würden die Konzerne auch noch von der
       Siegelorganisation Transfair „überschwänglich gefeiert und ausgezeichnet“.
       Weitere umstrittene Konzerne wie Aldi, Coca-Cola und Nestle sind Partner
       und Lizenznehmer bei Transfair.
       
       Die Siegelbewahrer fühlen sich missverstanden. „Der Kritik verwehren wir
       uns in aller Deutlichkeit“, erklärt eine Sprecherin von Fairtrade
       Deutschland in Köln auf Anfrage. Zu weiteren Gesprächen mit Gewerkschaften
       sei Fairtrade dennoch bereit. Das Fairtrade-Siegel sei freilich kein
       Unternehmenssiegel, sondern ein Produktsiegel, es würden keine Unternehmen
       als Ganzes zertifiziert. Und es gehe auch nicht um den Norden: „Das Mandat
       von Fairtrade ist der globale Süden.“ Dort arbeite mensch überwiegend mit
       demokratisch organisierten Kleinbauernorganisationen zusammen. Der
       Schwerpunkt von Fairtrade liege auf einer Verbesserung der
       Arbeitsbedingungen der Erzeuger vor Ort. Fazit: „Wir bieten Lösungsansätze
       innerhalb des Systems an.“
       
       Das reicht nicht allen. Der Begriff „Fairer Handel“ ist in Deutschland
       ohnehin gesetzlich ungeschützt. Die „fairen“ Produkte sind mit sogenannten
       Siegeln gekennzeichnet, die garantieren, dass bei der Herstellung soziale
       Mindeststandards eingehalten werden. Dabei sind die Kriterien der einzelnen
       Siegelanbieter unterschiedlich hart. Üblicherweise betreffen sie auch nicht
       den Vertrieb der Produkte hierzulande.
       
       Vorreiter der Fair-Trade-Bewegung wie Gepa lehnen allerdings einen Verkauf
       ihrer hochwertigen und besonders „fairen“ Produkte über Discounter wie Lidl
       ab. Auch ein anderer Pionier der Szene, der Importeur El Puente, vertreibt
       seine Waren, neben dem eigenen Onlineshop, lieber über die bundesweit etwa
       tausend Weltläden.
       
       16 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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