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       # taz.de -- Sondierungsgespräche für Jamaika: Es könnte etwas länger dauern
       
       > Union, FDP und Grüne beginnen die Sondierungen für eine Regierung – und
       > loben ihre Harmonie. Scheitert das Projekt, beharrt die SPD auf einer
       > Neuwahl.
       
   IMG Bild: Aufgeblasen: Die Sondierungsgespräche haben begonnen
       
       Berlin taz | Am Mittwochnachmittag um kurz nach halb drei geht im Bundestag
       die Sonne auf. Auf der Fraktionsebene erscheinen die GeneralsekretärInnen
       von CDU, FDP und CSU, um die reichlich versammelte Presse mit Artigkeiten
       zu füttern. Er habe ein „gutes Gefühl“ nach dem allerersten
       Sondierungsgespräch, sagt CDU-Mann Peter Tauber. Man habe einander
       aufmerksam zugehört. FDP-Frau Nicola Beer nennt das Treffen „konstruktiv
       und kreativ“. Und CSU-General Andreas „Andi“ Scheuer sagt gar, man finde
       einander „sympathisch“. Konstruktiv und kreativ findet er natürlich auch
       alles, das sagt er gleich zweimal.
       
       Ein bisschen Landeskunde gibt es gratis dazu. Nicola Beer bemüht das
       Gleichnis von der Entfernung Berlin–Kingston. 8.500 Kilometer seien es bis
       in die jamaikanische Hauptstadt, „die ersten Meter sind gut gelaufen“. Und
       Scheuer erwähnt den längsten Fluss Jamaikas. Black River heißt er.
       Vermutlich wird man im Laufe der nächsten Wochen noch allerlei mehr
       Wissenswertes über den karibischen Inselstaat erfahren.
       
       Insgesamt also alles super bei den Koalitionären in spe. Am Abend, nach
       Redaktionsschluss, könnte es etwas schaumgebremster ablaufen. Dann ist das
       Treffen zwischen Union und Grünen vorbei, und die Unions-Generalsekretäre
       treten mit dem Politischen Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, vor
       die Kameras. Mit Blick darauf spricht CSU-Mann Andreas Scheuer von einem
       „größeren und härteren Werkstück“. Am Donnerstag sollen sich dann Grüne und
       Liberale beschnuppern. Und am Freitag kommen schließlich alle zusammen.
       
       Man spürt recht gut den Willen, jetzt miteinander voranzukommen. Das
       sollten die TeilnehmerInnen auch. Denn zum selben Zeitpunkt, da in der
       Parlamentarischen Gesellschaft die Sondierungsteams die Köpfe
       zusammenstecken, verkündet die SPD, es werde andernfalls Neuwahlen geben
       müssen. „Wir sind ab sofort Opposition. Der Schalter ist umgelegt“, sagt
       Karsten Schneider, der neue Parlamentarische Geschäftsführer der
       SPD-Fraktion. „Die werden sich schon arrangieren müssen.“
       
       Um so wichtiger ist das Atmosphärische. Es geht um Vertraulichkeit und um
       Regeln. Gerade Union und FDP haben eine lange On-Off-Beziehung. Das letzte
       Schlussmachen vor vier Jahren endete fast tödlich für die FDP, sie flog aus
       dem Bundestag. Und während am Wahlabend die geschockten Liberalen vom Feld
       schlichen, steppte im Konrad-Adenauer-Haus die Parteiführung zu „An Tagen
       wie diesen“ über die Bühne. So was vergisst man nicht.
       
       Die Sondierungen könnten also etwas länger dauern. Erst danach können die
       eigentlichen Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Jede Partei muss
       ihrer Klientel etwas vorzuweisen haben. Die CSU muss die innere Sicherheit
       glaubwürdig vertreten, die FDP vermutlich Steuern und Bildung, die Grünen
       Ökologie und Energiepolitik. Und Merkels CDU? Ist im Grunde für alles
       zuständig.
       
       CSU-Chef Horst Seehofer sagt, man werde große Konzentration und Anstrengung
       brauchen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Er hoffe, dass noch vor
       Weihnachten ein Koalitionsvertrag stehe. Sicher sagen könne man das aber
       nicht. Für Seehofer hängt viel davon ab, dass Jamaika kommt und seine CSU
       gut ausschaut. Der Parteivorsitzende und Ministerpräsident von Bayern ist
       intern schwer angeschlagen. Die Jüngeren in der Partei scharren mit den
       Füßen, möglicherweise kommt nun doch noch Dauernachfolgekandidat Markus
       Söder zum Zug. Schon gibt es Planspiele, wie man ihn gesichtswahrend aus
       der Münchner Staatskanzlei herauslocken könnte.
       
       18 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
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