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       # taz.de -- AfD-Parteitag in NRW abgesagt: Polizei gegen „Sicherheitspartei“
       
       > Der geplante Parteitag in Nordrhein-Westfalen fällt aus. Wegen
       > Sicherheitsbedenken, sagt die AfD. Polizei und Innenministerium
       > widersprechen.
       
   IMG Bild: Die fraktionslosen Abgeordneten Alexander Langguth (M.), Marcus Pretzell (r.) und Frank Neppe suchen in Düsseldorf vor der Sitzung des nordrhein-westfälischen Landtags ihre Plätze im Plenum
       
       Wiehl taz | Die AfD übertreibt gerne, wenn es um die Gefahr geht, die von
       Linksextremisten ausgeht. Jetzt widersprechen ihr sogar die Polizei und das
       nordrhein-westfälische Innenministerium entschieden.
       
       Denn die Rechtspopulisten haben den Parteitag ihres nordrhein-westfälischen
       Landesverbands kurzfristig abgesagt, der an diesem Wochenende im
       oberbergischen Wiehl stattfinden sollte. Die Begründung: Die Sicherheit der
       Teilnehmer sei wegen „massiver und militanter Drohungen“ nicht
       gewährleistet. Man habe Hinweise, dass sich „der Schwarze Block oder
       aggressive Antifa-Gruppen“ unter angemeldete Demonstrationen mischen
       könnten, so Landeschef Martin Renner. Für beide Tage hatten verschiedene
       Bündnisse Demonstrationen mit bis zu 1.500 Teilnehmern angekündigt.
       
       Die Polizei sieht das anders. Der zweitägige Parteitag sei „zu keinem
       Zeitpunkt gefährdet“, teilte die Polizei vor Ort mit. Man habe sich
       „umfassend auf den Einsatz vorbereitet und bei der Einsatzkonzeption
       verschiedene Szenarien berücksichtigt, wodurch die Durchführung der
       geplanten Veranstaltungen gesichert ist“. Auch das Innenministerium
       widersprach der AfD deutlich. „Es gab keine Hinweise, dass irgendwelche
       Probleme hätten entstehen können. Es haben auf jeden Fall ausreichend
       Kräfte bereitgestanden“, sagte ein Ministeriumssprecher der Deutschen
       Presse-Agentur. „Aus Sicherheitsgründen hätte der Parteitag nicht abgesagt
       werden müssen.“
       
       Was also steckt dahinter, außer dass sich die AfD gerne zum Opfer
       stilisiert? Auf dem Parteitag sollte die Führungsspitze des
       mitgliederstärksten und zutiefst gespaltenen Landesverbands neu gewählt
       werden. Das stand turnusgemäß an, hatte aber durch den Austritt des
       bisherigen Co-Landeschefs Marcus Pretzell, der mit der ehemaligen
       Parteichefin Frauke Petry verheiratet ist, eine neue Brisanz. Neben
       Pretzell haben bislang zwei weitere bisherige Mitglieder des elfköpfigen
       Vorstands die Partei verlassen, zuletzt Schatzmeister Frank Neppe. Ihre
       Begründung: der Rechtsruck der Partei.
       
       ## Verlassen weitere eher gemäßigte Kräfte die AfD?
       
       Nun könnte man denken, dass von den Abgängen vor allem Pretzells
       Gegenspieler profitiert, Co-Landeschef Renner, der zum rechten Flügel der
       Partei gehört. Anhänger des „moderaten“ Flügels fürchteten gar, von den
       Parteirechten überrannt zu werden. Aber die Lage in NRW ist kompliziert,
       die Mehrheiten waren hier bislang immer knapp.
       
       Renner, der gerade als nordrhein-westfälischer Spitzenkandidat in den
       Bundestag gewählt wurde, geht geschwächt in die Auseinandersetzung. Trotz
       Ambitionen wurde er weder zum Chef der nordrhein-westfälischen Landesgruppe
       noch zum Fraktionsvize gewählt. Beide Positionen hat jetzt der als
       innerhalb der AfD als gemäßigt geltende Roland Hartwig inne. Auch soll
       Renner die Unterstützung der äußersten Parteirechten aus dem Umfeld der
       „Patriotischen Plattform“ verloren haben.
       
       Aus der Partei ist zu hören, dass innerhalb des Landesvorstands vor allem
       Renner, der um seine Wiederwahl als Landeschef bangt, auf die Absage
       drängte. Er könnte hoffen, dass in einigen Wochen seine Chancen besser sind
       – vielleicht weil weitere eher gemäßigte Kräfte die Partei verlassen.
       
       Am ersten Dezemberwochenende wird auf dem Bundesparteitag in Hannover der
       neue Bundesvorstand gewählt. Immer offener wird dafür vom rechten Flügel
       der Partei AfD-Rechtsaußen Björn Höcke ins Spiel gebracht, gegen den
       derzeit noch ein Parteiausschlussverfahren läuft. Für dieses hatte sich
       Ex-Chefin Petry, aber auch Fraktionschefin Alice Weidel stark gemacht.
       
       ## Die „blaue Wende“
       
       Sollte Höcke wirklich in die Spitze der Bundespartei aufrücken, könnten
       weitere „Moderate“ die Partei verlassen. Damit wäre für ihn „die Grenze des
       Erträglichen überschritten, so Uwe Witt, Bundestagsabgeordneter aus NRW und
       Vorsitzender der „Alternativen Vereinigung der Arbeitnehmer“. Witt hatte
       auch den Vorschlag eines anderen Bundestagsabgeordneten abgelehnt, in einer
       Ehrenerklärung zu versichern, das Mandat nach einem möglichen Austritt aus
       der Fraktion abzugeben. Zu so einer „Carte Blanche“ sei er nicht bereit.
       
       Aus der Partei war schon vor dem Landesparteitag zu hören, dass eine Art
       Tribunal mit dem alten Vorstand zu erwarten sei. Auch lagen Anträge vor,
       die Finanzen des Landesverbands auf mögliche Unregelmäßigkeiten zu
       überprüfen – und den alten Vorstand nicht zu entlasten.
       
       Unterdessen [1][hat laut Bild ] Ex-Parteichefin Petry, die dem Bundestag
       vorerst als fraktionslose Abgeordnete angehört, jetzt Mario Mieruch als
       Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten vorgeschlagen.
       Mieruch, der bislang stellvertretender Landeschef in NRW war, hatte in der
       vergangenen Woche seinen Austritt aus der AfD und der Bundestagsfraktion
       erklärt. Die AfD selbst hat den ehemaligen Frankfurter Stadtkämmerer
       Albrecht Glaser als Kandidaten für das Amt des Bundestagsvize nominiert.
       Die anderen Fraktionen lehnen Glaser wegen früherer Äußerungen zum Islam
       ab. Glaser war bereits Kandidat der AfD für das Amt des Bundespräsidenten
       gewesen – damals mit Unterstützung von Frauke Petry.
       
       Zudem hat Petry in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
       [2][die Gründung von „Die Blaue Partei“ angekündigt]. Begleitend dazu wolle
       man ein Bürgerforum „Blaue Wende“ ins Leben rufen, „in dem man sich mit und
       ohne Parteibuch unabhängig von der Farbe engagieren kann“. Nach Angaben des
       Bundeswahlleiters war „Die Blaue Partei“ bereits am 17. September gegründet
       worden – eine Woche vor der Bundestagswahl.
       
       13 Oct 2017
       
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