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       # taz.de -- Berlins teuerste Wohnung: Bleibe für das Kapital
       
       > In der früheren SED-Parteihochschule entstehen Luxus-Wohnungen. Das
       > Prestigeobjekt: der alte Kinosaal für vier Millionen Euro.
       
   IMG Bild: Zweite Ebene? Abgetrennte Räume? Spekulationsobjekt? Alles ist möglich
       
       Berlin taz | Der Preis ist für so ein einzigartiges Projekt gar nicht so
       extrem“, sagt Dennis Maruhn und lässt seinen Blick durch den Raum
       schweifen. Ein Rechteck von 320 Quadratmetern, einer sieben Meter hohen
       Decke und riesigen Fensterfronten zu beiden Längsseiten.
       
       Nach vorne geht der Blick auf den Köllnischen Park, in Richtung
       Fernsehturm, nach hinten in einen Hof, eingerahmt von weiteren noch im Bau
       befindlichen noblen Appartements. „An dieser Seite kommt noch eine Terrasse
       von 25 Quadratmetern ran“, sagt Maruhn, der für den Verkauf dieses
       „Ballroom“ genannten Saals verantwortlich ist.
       
       3.950.000 Euro soll das Loft kosten, in seiner Rohversion. „Wenn man sich
       überall goldene Wasserhähne anbringen lässt, kann der Preis auch ins
       Extreme gehen“, sagt Maruhn, der Verkäufer in Bluejeans und Sakko, der
       selbst in einem Viererhaushalt lebt, in einer Wohnung, die hier mehr als
       viermal Platz finden würde.
       
       Doch schon vor der individuellen Gestaltung, die der potenzielle Käufer
       ganz nach seinen Wünschen festlegen kann – möglich ist auch das Anmieten
       zweier anliegender Mini-Appartements für Kindermädchen oder ChauffeurIn –
       ist das Angebot das teuerste der Stadt. Vier Millionen Euro für eine
       1-Zimmer-Wohnung, 12.000 Euro pro Quadratmeter. Mehr geht nicht.
       
       Mehr Ironie geht auch nicht: Im zukünftigen Luxusdomizil eines womöglich
       „erfolgreichen Kreativen“, wie es sich die Marketingexpertin der
       Immobilienfirma wünscht, „am liebsten wäre mir ja Ai Weiwei“, paukte einst
       der Klassenfeind. Das Haus am Köllnischen Park mit seiner dunkelroten
       Backsteinfassade, gebaut Anfang der 1930er Jahre, beherbergte von 1955 bis
       1990 die Parteihochschule „Karl Marx“ der SED, der größte Raum direkt unter
       dem Dach diente als Kinosaal.
       
       Die Bonzen aus DDR-Zeiten, die hier ihre Kaderschulung durchliefen, sind
       nicht vorstellig geworden, um erneut Einzug zu halten. Es sind die Bonzen
       von heute, für die Geld keine Rolle spielt. Fünf hätten bislang ernsthaftes
       Interesse gezeigt, seien aus verschiedenen Gründen aber abgesprungen,
       einige abgeschreckt von der Geschichte. Vielleicht haben auch sie ihren
       Marx gelesen und wählen lieber ein Leben in Bescheidenheit. Denn wie der
       Altmeister einst schrieb: „Alle bisherigen Gesellschaftsformen gingen unter
       an der Entwicklung des Reichtums.“
       
       27 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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