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       # taz.de -- Preis und Wert: Was kostet die Kunst?
       
       > Auf dem internationalen Kunstmarkt steigen die Preise. Aber was ist Kunst
       > wirklich wert? Und wer stellt das fest?
       
   IMG Bild: Wo sich Kunst-Wert vielleicht am deutlichsten zeigt: Auktion bei Christie's.
       
       Hamburg taz | Was es mit der Kunst und ihrem Wert auf sich hat, lässt sich
       ganz gut an der Hamburger Kunstmesse „Affordable Art Affair“ sehen. Die
       Messe gibt es in weiteren zehn Städten, das Franchise-Konzept dafür wurde
       1999 von einem Londoner Galeristen erfunden. Man gibt sich jung – nur
       Zeitgenössisches ist erwünscht – und international, bei den etwa 80
       Galerien sind einige auch aus Frankreich, Spanien und den USA dabei. Aber
       teuer darf es nicht sein: Alle Arbeiten – ob Malerei, Skulptur oder
       Fotografie – bewegen sich preislich im Rahmen von 100 bis 7.500 Euro.
       
       Aber sagt das etwas über deren Wert aus? „Die Werke sollen emotional
       berühren und gefallen, als Wertanlage sind sie nicht gedacht“, schreibt die
       Hamburg-Messe dazu. Na gut – also keine Steuerflucht und keine Geldwäsche,
       sonst durchaus mit ein Grund für die Milliardengeschäfte im Kunstbetrieb.
       Doch Wertsteigerung ist ja ein durchaus lockendes Versprechen, zumal wenn
       „Wert“ nicht nur materiell verstanden wird. Der seriöse, über bloße
       Dekoration hinausgehende Kunstkauf erfordert neben einer gewissen spontanen
       Freude einiges an Wissen und Mitdenken, er kann Kennerschaft,
       Zeitgenossenschaft und Problembewusstsein demonstrieren.
       
       Demgegenüber versuchen die Veranstalter der „Affordable Art“ eine
       Gratwanderung: Sie veranstalten ein Kunstevent samt Party (auch) für
       diejenigen, die sich eigentlich gar nicht für Kunst interessieren. Letztes
       Jahr hatte die fünfte Ausgabe dieser Messe 18.000 Besucher. Das ist
       eindrucksvoll, auch wenn die Kritik nicht verstummt, es gäbe trotz diverser
       angebotener Führungen und täglicher Siebdruckkurse durchaus bessere
       „Einstiegsdrogen“ in den Kunstbetrieb als diese.
       
       Tatsächlich gibt es hier doch sehr unterschiedliche Qualitäten. Der
       schlimmste Gedanke ist der, dass es Kunst gibt, die extra dafür gemacht
       wird, so niedrigschwellig auf solchen Märkten verkauft zu werden und
       möglicherweise die gleichen Künstler dann andere, konzeptuellere Arbeiten
       für den übrigen Kunstbetrieb in kleinen Galerien und Künstlerorten machen –
       dass also der Kunstmarkt indirekt als eine Art korrumpierender Auftraggeber
       für gefällige Mainstream-Kunst funktioniert.
       
       Genau dieses Problem spricht die „Affordable Art“ sogar selbst an und
       diskutiert bei ihrer nächsten Auflage im November die Frage: „Prägt der
       Kunstmarkt die Ästhetik der zeitgenössischen Kunst?“ Vielleicht ist der
       didaktische Eros, der vor allem komplizierte Dinge vermitteln will und
       einzelne Künstler mühsam über Jahre aufbaut, aber gar nicht da am Platze,
       wo es ausdrücklich auch um „Spaß“ geht. Und jede(r) ist frei, die eigenen
       Werte selbst zu bestimmen und zu bezahlen.
       
       Denn gekauft wird auf der „Affordable Art“ durchaus: 2016 haben die
       Galerien angeblich 2,2 Millionen Euro Umsatz gemacht – allerdings sollte
       man niemals dem glauben, was gleich welcher Galerist gleich auf welcher
       Messe über Verkäufe erzählt. Die Kojenmieten für die Galeristen gehen hier
       übrigens von 3.600 bis 11.500 Euro. Das muss auch erst einmal wieder
       reinverdient werden.
       
       Mehr zur Kunst, ihrem Wert und ihrem Preis lesen Sie im
       Wochenend-Schwerpunkt der taz nord – oder gleich [1][hier].
       
       27 Oct 2017
       
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