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       # taz.de -- Nachrichtenpodcasts im Vergleich: Aufs Ohr gelegt
       
       > „Spiegel Online“, „Zeit Online“ und der Deutschlandfunk haben neue
       > Politik-Podcasts gestartet. Wir haben die drei Formate einen Monat lang
       > gehört.
       
   IMG Bild: Wann und wo hört man die neuen Formate? Beispielsweise auf dem Weg nach Hause
       
       ## Der Expertentalk
       
       Was? [1][„Stimmenfang“] ist der politische unter den drei Podcasts, die
       Spiegel Online im März dieses Jahres gestartet hat. Eine Spon-Redakteurin
       bespricht mit Kolleg*innen von Print und Online die politische Lage.
       Erscheint immer donnerstags und dauert 20 bis 45 Minuten.
       
       Worum geht’s? Die großen Fragen im Bundestag und die kleinteilige
       Parteipolitik.
       
       Wie klingt’s? So lala. Die Tonqualität ist nicht gut, da wird’s mitten im
       Podcast plötzlich laut, dann wieder leise. Mal hallt es, dann klingelt ein
       Handy mitten in die Aufnahme. Do-it-yourself-Studio hin oder her – manchmal
       lohnt es sich doch, einen Fachmenschen zu bezahlen. Und: Die Gespräche der
       Kolleg*innen sind oft etwas für absolute Partei-Nerds: sehr detailliert und
       insiderisch.
       
       Wer hört’s? Fans von „House of Cards“.
       
       Wann und wo hört man „Stimmenfang“? Am besten konzentriert im Ohrensessel.
       Leider ersetzt „Stimmenfang“ aber nicht das gute Buch. Dafür ist der
       Podcast etwas zu langweilig.
       
       Was kann „Stimmenfang“ besser als die beiden anderen? Rausgehen. Für fast
       jede Folge verlässt Moderatorin Yasemin Yüksel die Redaktion, interviewt
       Experten zum Thema oder trifft Aktivist*innen in der Provinz. Das lockert
       den etwas starren Expertentalk der Redakteure auf.
       
       Was kann „Stimmenfang“ nicht? Unterhalten.
       
       ## Die Allrounder
       
       Was? [2][„Was jetzt?“] ist einer von drei neuen Podcasts, die Zeit Online
       im September gestartet hat (neben einem zum Thema Sex und einem zu Arbeit).
       Erscheint werktags zwischen 5 und 6 Uhr morgens und dauert rund 10 Minuten:
       Zeit-Online-Redakteur*innen besprechen mit Kolleg*innen von Print und
       Online den anstehenden Tag.
       
       Worum geht’s? Was wird heute wichtig in Politik, Gesellschaft und Kultur?
       
       Wie klingt’s? Sehr jung, das Verhältnis von männlichen zu weiblichen
       Stimmen ist ausgeglichen, insgesamt sind die zehn Minuten meist schön
       produziert. Nur an der Technik hapert’s: Kolleg*innen, die nicht im
       Berliner Büro sitzen, werden per Skype zugeschaltet, was scheppert und
       summt und pfeift, so dass man manchmal abschalten möchte. Die Gespräche
       sind manchmal ein bisschen holprig oder steif. Da überträgt sich schon mal
       die Nervosität der Redakteure über das Mikrofon, was aber manchmal ganz
       sympathisch klingt.
       
       Wer hört’s? Fans des „MoMa“.
       
       Wann und wo hört man „Was jetzt“? In der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit.
       
       Was kann „Was jetzt?“ besser als die beiden anderen? Eigenwerbung. Wann
       immer es passt, binden die Moderatoren auch die Recherchen der
       Redakteurskollegen ein. Thema Homo-Ehe? Da spricht dann die Kollegin von
       Paaren, die sie interviewt hat, was die wollen und was nicht. Das belebt
       den trockenen Nachrichtenstoff.
       
       Was kann „Was jetzt?“ nicht? Gebündelt informieren. Die zehn Minuten sind
       oft zu voll gepackt. Da bleibt nicht viel hängen.
       
       ## Die Profis
       
       Was? [3][„Der Tag“] ist gut 15 Minuten lang unterhält sich ein Moderator
       des Deutschlandfunks mit Kolleg*innen über die politischen Themen des
       Tages. Ist nach der Bundestagswahl 2017 gestartet und erscheint werktags 17
       Uhr.
       
       Worum geht’s? Was war heute wichtig in der Politik?
       
       Wie klingt’s? Eindeutiger Startvorteil: Der Deutschlandfunk, das sind die
       Profis. Sowohl die an als auch die hinter den Mikros. Tonqualität: 1a, die
       Redakteur*innen sprechen wie geschliffen. Aber das ist eben auch der
       Nachteil: Junge Stimmen hört man hier selten, Frauen seltener als Männer,
       und im Großen und Ganzen bleibt es dann eben doch der Deutschlandfunk, ein
       bisschen steif, auch wenn sich die Kollegen hier, anders als im
       Tagesprogramm, duzen, ein bisschen persönlicher erzählen und englische
       O-Töne nicht synchronisiert werden.
       
       Wer hört’s? Fans der „Tagesschau“.
       
       Wann und wo hört man „Der Tag“? In der U-Bahn auf dem Weg nach Hause.
       
       Was kann „Der Tag“ besser als die beiden anderen? Erzählen. Wer hier am
       Mikro sitzt, weiß, wie man podcastreif spricht – was den Print- und
       Onlinekolleg*innen nicht immer gegeben ist. Die Gespräche sind souverän,
       konzentriert, kondensiert und trotzdem nicht oberflächlich.
       
       Was kann „Der Tag“ nicht? Für Politik begeistern.
       
       31 Oct 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/thema/stimmenfang_podcast/
   DIR [2] http://www.zeit.de/serie/was-jetzt
   DIR [3] http://www.deutschlandfunk.de/deutschlandfunk-der-tag.3414.de.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
       ## TAGS
       
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