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       # taz.de -- Kommentar Sondierungsgespräche: Komplizierte gute Laune
       
       > Nach dem Treffen zwischen CDU und Grünen wird gute Stimmung demonstriert.
       > Doch klar ist: Niemand wird am Ende wirklich zufrieden sein.
       
   IMG Bild: Guck mal, da: Merkel, Altmaier, Göring-Eckhardt und Özdemir vor den Gesprächen auf einem Balkon
       
       Läuft doch schon ganz gut. Sagen jedenfalls erst einmal alle Beteiligten
       der Jamaika-Sondierungen. Auch nach dem zweiten Treffen zwischen Union und
       Grünen am Mittwochabend ist es bei dem schon [1][nach dem FDP-Rendezvous]
       verwandten Wording geblieben: Konstruktiv seien die Gespräche verlaufen,
       verkündete Grünen-Chefin Simone Peter. Gute Gespräche habe man geführt,
       sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Dabei wissen alle nur zu gut, dass
       die anfangs zur Schau gestellte gute Stimmung lediglich als etwas
       verstanden werden darf, an das sich alle – auch die interessierte
       Öffentlichkeit – noch wehmütig erinnern werden, wenn es schwierig wird. Und
       es wird schwierig werden.
       
       Selbst wenn Angela Merkel gewohnt stoisch bleibt und lieber im Hintergrund
       ihre Strippen zieht – die Sondierungen und anschließenden
       Koalitionsverhandlungen werden mit Sicherheit auch ein bisschen hässlich.
       Das müssen sie, und zwar damit Leute wie Horst Seehofer und Christian
       Lindner ihrer Wählerschaft halbwegs glaubwürdig verkaufen können, sie
       hätten für ihre jeweiligen Ziele bis zur Schmerzgrenze gekämpft. Großer
       Radau in der Polit-Arena.
       
       Man kann das gut finden. Ist halt ein Spiel. Doch klar ist schon jetzt:
       Niemand wird am Ende wirklich zufrieden sein. Alle werden Kompromisse
       machen müssen. Noch zeigen Bürgerinnen und Bürger ein vitales Interesse an
       ritualisiertem Streit. Noch haben wir Mitte Oktober. Dieses Interesse
       könnte schon bald in Widerwillen umschlagen. Wochenlang jeden Morgen im
       Radio hören und in der Zeitung lesen zu müssen, wer nun wieder was gesagt
       hat, welche rote Linie gezogen, welche abgeräumt, wer eingeschnappt ist und
       wo gerade die nächste Megabaustelle eröffnet wird, ist ermüdend.
       
       Ja, Koalitionsverhandlungen sind eine verdammt komplexe Angelegenheit. Und
       ja, die Öffentlichkeit will wissen, wer inhaltlich wofür steht. Aber man
       soll sich da nicht täuschen, die Leute erkennen recht gut, wem es gerade um
       Show und wem es um Ergebnisse geht. In Erinnerung werden jene bleiben, die
       erkennbar dafür gekämpft haben, dass es mit diesem Land in den kommenden
       vier Jahren aufwärts geht. PolitikerInnen, die auch mal eine Position
       räumen zum Beispiel, damit alle weiterkommen.
       
       Die Nachrichtenlage verkompliziert die ganze gute Laune. Nach dem
       [2][Rücktritt des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich] ist
       Angela Merkels Verhandlungsposition geschwächt. So widersprüchlich das sein
       mag – Tillich spielte seit Jahren nicht mehr im Team Merkel –, so fällt das
       Abschmieren der Sachsen-CDU gegenüber den Rechtspopulisten auch auf sie
       zurück. Tillichs annoncierter Nachfolger Michael Kretschmer gilt als einer
       der jungen machtbewussten Konservativen. Dass er gerade sein
       Bundestagsmandat an einen AfDler verloren hat, könnte nun überraschend den
       Druck aus den Landesverbänden auf die ewige Parteivorsitzende vergrößern.
       Da kann also verhandlungsstrategisch noch manchem die gute Laune abhanden
       kommen.
       
       19 Oct 2017
       
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