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       # taz.de -- Maidan-Aktivistin stirbt per Kopfschuss: Wieder ein politischer Mord in Kiew
       
       > Die Maidan- und Tschetschenien-Aktivistin Amina Okuyeva wird in der
       > Ukraine ermordet. Die Auftraggeber werden in Moskau oder Grosny vermutet.
       
   IMG Bild: Amina Okuyeva bei einer Kundgebung auf dem Maidan in Kiew im August 2017
       
       KIEW taz | Die bekannte Maidan-Aktivistin Amina Okuyeva ist am Montag Abend
       in der Nähe von Kiew ermordet worden. Die 34-jährige Ärztin aus Odessa war
       auch Kämpferin im tschetschenischen Freiwilligenbataillon Dschochar
       Dudajew, das auf der Seite der Ukraine im Donbass kämpft.
       
       Sie war mit ihrem Mann, Adam Osmayev, dem Kommandeur von Dschochar Dudajew,
       auf dem Heimweg im Auto beschossen worden. Ein Kopfschuss tötete sie.
       
       Die Frau, die mit ihrer Heirat zum Islam übergetreten war und sich gern mit
       Hidschab und Kalaschnikow ablichten ließ, hatte eine Vorahnung. Dem
       ukrainischen Internetportal Apostropha hatte sie im Mai von Drohungen
       berichtet, die sie dem russischen Geheimdienst und dem Umfeld von
       Tschetscheniens Regierungschef Ramsan Kadyrow zuordnete.
       
       Schon im Juni war das Paar angegriffen worden. Der Tschetschene Artur
       Kurmakajew, der sie unter dem Vorwand eines Interviews eingeladen hatte,
       hatte dabei eine Pistole gezückt. Nur Dank des beherzten Einsatzes seiner
       Frau Okuyeva überlebte der Feldkommandeur.
       
       ## Angeblich reumütiger Auftragsmörder
       
       Kurmakajew ist nicht irgendwer. Bereits 2008 waren Österreichs Behörden auf
       den Tschetschenen aufmerksam geworden. Er hatte ihnen berichtet, er habe
       von Ramsan Kadyrow den Auftrag, den in Wien lebenden tschetschenischen
       Dissidenten Umar Israilow zu töten. Nun sei er aber reumütig. Am 13. Januar
       2009 war Israilow tatsächlich erschossen worden.
       
       Kadyrow hat Kurmakejew dessen Reumütigkeit offensichtlich verziehen. In der
       Folgezeit hielt sich der angeblich reumütige Auftragskiller immer wieder in
       Russland auf.
       
       Okuyeva und ihr Mann Osmayev hatten vorgesorgt. Nur ein kleiner Kreis
       kannte ihren Aufenthaltsort. Der Umstand, dass die Täter trotzdem gezielt
       auf das fahrende Auto schießen konnten, lege nahe, dass jemand aus dem
       engen Umfeld Details verraten habe, sagte der pensionierte Oberst des
       Inlandsgeheimdienstes SBU, Oleg Starikow, der ukrainischen Tageszeitung
       Vesti. Dies zu organisieren erfordere sehr viel Geld.
       
       ## Ehemann des Opfers von Russland per Haftbefehlt gesucht
       
       Der in Grosny geborene tschetschenische Ehemann der Ermordeten wurde von
       Russland mit Haftbefehl gesucht. Er soll 2012 einen Anschlag auf Präsident
       Wladimir Putin geplant haben. Deswegen wurde er auf Antrag russischer
       Ermittler im Februar 2012 in Odessa festgenommen.
       
       Dass er nach der Maidan-Revolte aus der Haft entlassen wurde, hat er vor
       allem Okuyeva zu verdanken. Nur drei Tage nach seiner Entlassung machte er
       sich auf den Weg in den Donbass, wo er im tschetschenischen
       Freiwilligenbataillon auf der Seite der ukrainischen Streitkräfte kämpfte.
       Ständig an seiner Seite war seine Frau Amina.
       
       Ukrainische Politiker gehen von einem Auftragsmord aus, dessen Drahtzieher
       in Moskau oder Grosny zu suchen sind. Dies meinen auch der Ehemann der
       Getöteten und sowie der Abgeordnete Ihor Mosijtschuk. Okuyeva sei seine
       Mitarbeiterin gewesen.
       
       Alexander Turtschinow, Chef des Nationalen Sicherheitsrates, sagte, die
       Ukraine habe eine eigene Schwester verloren. „Ich bin schockiert und wütend
       über das, was geschehen ist. Doch ich werde jetzt nicht meine persönlichen
       Sicherheitsmaßnamen erhöhen“, erklärte der ukrainische Abgeordnete Oleg
       Petrenko der taz. Wer sich für die Politik entschieden habe, das Land
       verändern wolle, der müsse zu allem bereit sein.
       
       2 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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