# taz.de -- Kolumne Psycho: Leere Blicke, leere Zimmer
> Psychische Probleme finden im Kopf statt, deshalb ist es schwer, sie
> angemessen zu bebildern. Aber versuchen könnte man es ja trotzdem.
IMG Bild: Was fehlt? Der psychisch kranke Mensch
Woran erkennt man jemanden, der depressiv ist? Ganz einfach: an den
angezogenen Knien. Schließlich machen Depressive tagein, tagaus nichts
anderes, als mit angezogenen Knien [1][in der Ecke eines leeren Raums neben
der Steckdose] zu sitzen, auf dem Fensterbrett hockend [2][nach draußen auf
einen Baum zu schauen] oder [3][auf einem Steg kauernd ins Wasser zu
starren]. [4][Depression hat vielleicht kein Gesicht], aber Knie lügen
nicht!
Zumindest, wenn man den Bildern glaubt, die einen Großteil der Artikel zum
Thema illustrieren. Jemanden mit Angststörung erkennt man übrigens
zuverlässig daran, dass er sich [5][mit weit aufgerissenen Augen die Fäuste
vor den Mund presst], jemanden mit Burn-out, weil er angesichts seines
Computers [6][mit dem Kopf vornüber auf die Tischplatte geknallt ist.] Und
jemanden mit bipolarer Störung, weil er sich [7][ein lachendes Emoji vors
Gesicht und ein trauriges daneben hält]. Was immer geht, bei egal welchem
Hau: [8][Menschen, die auf Medikamente starren]. [9][Schattenrisse].
[10][Tunnel]. [11][Aufgespannte Regenschirme]. [12][Tränen].
Ist es wirklich so schwer, psychische Probleme angemessen zu bebildern? Ja.
Als Onlineredakteurin suche ich selbst oft genug nach Fotos, die einerseits
das Thema deutlich machen, andererseits aber nicht total klischeebehaftet
sind. Das gelingt selten. Vielleicht liegt es daran, dass immer die
gleichen Stock-Fotos ausgespuckt werden, wenn man bestimmte Schlagworte
eingibt. Vielleicht ist unsere Vorstellung beim Thema psychische
Erkrankungen aber auch einfach immer noch viel zu beschränkt.
Psychokram findet im Kopf statt, und in den kann man nun mal schlecht
reingucken – es sei denn, man ist Neurochirurg. Also versuchen wir, all
das, was im Inneren eines Menschen vor sich geht, an seiner Mimik
abzulesen, an seiner Körperhaltung, an seinen fettigen Haaren. Was viele
dabei offenbar vergessen: Gerade Menschen mit psychischen Erkrankungen sind
Meister darin, sie zu verstecken. Und nicht jeder, der Depressionen hat
oder Panikattacken, heult und schreit die ganze Zeit. Die meisten duschen
sogar.
Als ich in der taz [13][zum ersten Mal über meine Angststörung geschrieben
habe], fragte mein Redakteur: „Würdest du dich fotografieren lassen? Das
wäre toll, weil die meisten Leute bestimmt ein anderes Bild vor Augen
haben, wenn sie sich eine Betroffene vorstellen.“ Ich habe eingewilligt.
Weil ich an der Konzeption der Bilder beteiligt war. Und weil ich genau das
zeigen wollte: Man sieht Menschen in den meisten Fällen nicht an, was sie
innerlich umtreibt.
Blonde Locken, Grübchen, Lachen – so eine kann doch gar keine Angststörung
haben, oder? Tja, nun. Vielleicht sollten wir langsam mal damit anfangen,
die Realität auch abzubilden. Etwa mit Bildern von Menschen, die ihr Knie
höchstens beim Joggen anwinkeln. Oder am Schreibtisch sitzen, und zwar
aufrecht und mit erhobenem Kopf.
Klar, das wird die LeserInnen erst mal irritieren. Weil sie es nicht
gewöhnt sind. Aber es würde endlich mal zeigen, wie Menschen mit
psychischen Problemen aussehen: ganz normal.
4 Nov 2017
## LINKS
DIR [1] http://www.mittelgegen.net/depressionen/
DIR [2] https://www.berliner-zeitung.de/berlin/depression-der-zaehe-sog--in-dem-die-lebensfreude-verschwindet-24487426
DIR [3] http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2015-01/psychische-erkrankungen-depressionen-berufstaetige
DIR [4] https://twitter.com/search?q=%23depressionhasnoface&src=typd
DIR [5] http://www.fuersie.de/gesundheit/gesund/artikel/panik-attacken
DIR [6] http://derstandard.at/2000061500506/Burnout-Menschen-unter-30-und-ueber-50-am-staerksten-betroffen
DIR [7] http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/depression/bipolare-stoerung-wenn-depressionen-und-manie-das-leben-bestimmen_id_5014285.html
DIR [8] http://www.t-online.de/gesundheit/krankheiten-symptome/id_59246714/antidepressiva-konsum-steigt-depressive-greifen-oefter-zu-medikamenten.html
DIR [9] http://www.bild.de/ratgeber/gesundheit/depression/wann-bin-ich-nur-traurig-und-wann-krank-10437372.bild.html
DIR [10] http://www.spektrum.de/ratgeber/lichttherapie-gegen-winterdepression/1223594
DIR [11] https://www.stern.de/gesundheit/psychische-erkrankungen-kassen-chefs-geben-arbeitgebern-mitschuld-an-burnouts-3629902.html
DIR [12] http://www.collective-evolution.com/2015/08/24/5-facts-about-depression-nobody-ever-talks-about/
DIR [13] /Leben-mit-einer-Angststoerung/!5325096
## AUTOREN
DIR Franziska Seyboldt
## TAGS
DIR Angststörungen
DIR Psycho
DIR psychische Gesundheit
DIR Depression
DIR Psychische Erkrankungen
DIR Angststörungen
DIR Suizid
DIR Angststörungen
DIR Psycho
DIR Psycho
DIR Psycho
DIR Psycho
DIR Schwerpunkt Deniz Yücel
DIR Psycho
DIR Angststörungen
DIR Jakob Augstein
DIR Psycho
DIR Psycho
DIR Angststörungen
DIR Depression
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Kolumne Psycho: Berliner Blasenschwäche
Ein Burn-out ist in, Depressionen sind normal und Angststörungen längst
kein Tabu mehr? Kommt darauf an, wo man wohnt.
DIR Kolumne Psycho: Kein Grund zum Glücklichsein
Wer erfolgreich ist, kann nicht depressiv sein. So denken zumindest einige
Journalisten. Doch Suizidabsichten lassen sich nicht im Gesicht ablesen.
DIR Fakten über Angststörungen: Keine Angst, hier stirbt niemand
Angststörungen sind immer noch ein Tabu. Dabei tritt die psychische
Erkrankung häufiger auf als Depressionen. Wie ist es, damit zu leben?
DIR Kolumne Psycho: Weihnachten? Bloß keinen Stress
Jedes Jahr der gleiche Vorsatz: Dieses Mal lassen wir uns nicht von
Weihnachten stressen. Hauptsache, es wird gemütlich! Protokoll eines
Scheiterns.
DIR Kolumne Psycho: Ausgrenzung unter Profis
Auch Psychologen sind nicht immun gegen psychische Probleme. Dass sie
allerdings von Kollegen stigmatisiert werden, ist erstaunlich.
DIR Kolumne Psycho: Sehen und gesehen werden
Es ist eine Sache, Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht zu
verurteilen. Eine völlig andere ist es, wirklich zu versuchen, sie zu
verstehen.
DIR Kolumne Psycho: Animateur in der AfD-Geisterbahn
Kurz vor der Bundestagswahl haben nicht nur Politiker viel zu tun. Auch die
Angst ist derzeit schwer beschäftigt. Ein Gespräch.
DIR Kolumne Psycho: Korso im Kopf
Deniz, ich hoffe, dass Du an deinem Geburtstag nur allein bist und – trotz
der Einzelhaft – nicht einsam. Das ist ein großer Unterschied.
DIR Kolumne Psycho: Für ein Verschleierungsverbot
Die Diagnose einer psychischen Krankheit ist kein Todesurteil. Im Zweifel
hilft sie sogar beim Überleben. Also Schluss mit den Euphemismen!
DIR Kolumne Psycho: Kann nicht kommen, weil krank
Wie erklärt man seinem Arbeitgeber und den KollegInnen, dass nicht der
Körper leidet, sondern der Kopf? Zehn Anläufe des Scheiterns.
DIR Kolumne Psycho: Reflektieren ist was für Leitpfosten
Umdenken ist so anstrengend wie der Feminismus: Manchmal nervt er. Aber das
macht ihn nicht weniger wichtig.
DIR Kolumne Psycho: Meditation überm Mailordner
Manche Menschen halten es kaum aus, ungelesene Mails einfach so
stehenzulassen. Warum nur? Ein Plädoyer gegen den Papierkorbzwang.
DIR Kolumne Psycho: Stell dich nicht so an!
Heidi Klum könnte ihre Reichweite nutzen, um zum Beispiel über den Umgang
mit Ängsten aufzuklären. Doch sie versagt total.
DIR Kolumne Psycho: Lifestyle-Choice Angststörung
Der Psychoknacks als heißestes Accessoire im Jahr 2017? Viele sehen in
seelischen Erkrankungen nichts weiter als einen Trend.
DIR Kolumne Psycho: Schlimmer als Weltschmerz
Let’s talk about Depression. Denn wer nicht selbst unter der Krankheit
leidet, kann nicht verstehen, worum es dabei eigentlich geht.