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       # taz.de -- Liberale wollen Direktere Demokratie kippen: Lustige Lehren aus dem Nein zu Olympia
       
       > Nur einmal gab es in Hamburg bislang ein Referendum: zur
       > Olympiabewerbung. Die Verlierer wollen diese Form der Volksabstimmung nun
       > retten, die Gewinner sie loswerden.
       
   IMG Bild: Mobilisierung gegen Olympia an der Roten Flora im November 2015: Was aussieht wie die Realität des G20-Gipfels, war bloß die Sorge der Olympiagegner
       
       Hamburg taz | Sie spielen ein wenig verkehrte Welt: Wenn die FDP am
       Mittwoch in der Bürgerschaft die „Abschaffung des Bürgerschaftsreferendums“
       beantragt, werden Grüne und SPD diesen Vorstoß geschlossen ablehnen. Dabei
       waren die Sozialdemokraten die Hauptleidtragenden des ersten und bisher
       einzigen Hamburger Referendums: der von der Bürgerschaft initiierten
       Abstimmung darüber, ob Hamburg sich für die Ausrichtung der Olympischen
       Spiele bewerben solle. Das Nein zu Olympia brachte Olaf Scholz (SPD) seine
       bis dahin herbste Niederlage als Bürgermeister ein.
       
       An ihrer Seite hat die FDP bei ihren Abschaffungsplänen hingegen die wahren
       Gewinner des Referendums: die Initiative „Mehr Demokratie“. Die hatte von
       vornherein dafür plädiert, die Olympia-Frage vom Bürger und nicht vom
       Hamburger Senat entscheiden zu lassen. Die Initiative will mehr direkte
       Demokratie, aber nicht per Referendum.
       
       „Wir hatten das Erlebnis nicht so lieb“, sagt der verfassungspolitische
       Sprecher der SPD, Olaf Steinbiß, im Hinblick auf die Olympia-Schlappe.
       „Aber wir waren hinterher auch nicht beleidigt.“ Trotz dieser herben
       Niederlage will die SPD am Referendum, das nur von einer
       Zweidrittelmehrheit der Bürgerschaftsabgeordneten in Gang gesetzt werden
       kann, festhalten. Für „Entscheidungen, die das Gesicht der Stadt
       verändern“, sei es wichtig, eine „strittige Diskussion“ nicht nur innerhalb
       der Rathausmauern in Gang zu setzen , sondern die HamburgerInnen
       entscheiden zu lassen.
       
       Für so ein Einzelereignis wie etwa den G20-Gipfel sei dieses Instrument
       aber nicht konzipiert, sagt Steinbiß. Aber wenn es zum Beispiel darum gehe,
       den Flughafen doch noch mal außerhalb die Stadtgrenzen zu verlegen, dann
       müsse das Referendum noch mal ran.
       
       Findet die FDP nicht. Und als sei die Praxis nicht der Testlauf für die
       Theorie, analysieren die Freien Demokraten, „die eingeführten
       Volksabstimmungen von oben“ führten „zu einer einseitigen Stärkung der
       Regierung und ihrer parlamentarischen Mehrheit“, die sich „einseitig
       zugunsten der Regierungsmehrheit“ auswirke. Zudem – und hier ist die FDP
       richtig übel nehmend – führe ein Referendum zu einer Verschiebung „der
       politischen Auseinandersetzung aus dem Plenarsaal heraus hin zu den
       Bürgern“. Da die FDP nun gerade erst nach jahrelanger Abstinenz, wieder in
       die meisten Plenarsäle der Republik zurückgekehrt ist, schmerzt sie diese
       Entmachtung des Parlaments natürlich sehr.
       
       Fest an ihrer Seite bleibt die Initiative „Direkte Demokratie“, für die das
       Olympia-Nein so etwas wie ein positiver Betriebsunfall ist. „In aller Regel
       aber“, sagt Initiativen-Sprecherin Angelika Gardiner, sei so eine
       „Volksabstimmung von oben nur ein Instrument zum Machterhalt“, bei dessen
       Verwendung die Regierung die Regeln vorgebe und finanzielle Mittel
       einsetze, die der Gegenseite nicht zur Verfügung stünden. Deshalb habe „die
       Opposition kaum eine Chance“, kritisiert sie. Wie gut, dass die Opposition
       das beim Olympiareferendum noch nicht wusste.
       
       8 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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