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       # taz.de -- Kommentar Sondierung zu Mieten: Leise Hoffnung
       
       > Die Gespräche der Jamaika-Parteien zum Thema Wohnen bleiben vage.
       > Trotzdem könnten einige Punkte zum Mietwohnungsbau etwas ändern.
       
   IMG Bild: Sozialpolitik zeigt sich auch am Umgang mit bezahlbarem Wohnraum
       
       Am Tirschenreuther Ring in Berlin-Marienfelde zum Beispiel. 82
       Sozialwohnungen wurden hier fertiggestellt, die Nettokaltmiete liegt bei
       6,50 Euro der Quadratmeter. Die Adresse kreist wie eine Verheißung durch
       die sozialen Netzwerke in Berlin. Die Frage des bezahlbaren Wohnens ist ein
       Herzstück des Sozialen. Auch für eine künftige Jamaika-Koalition.
       
       Ein „Sondierungsstand“ der Gespräche mit Union, FDP und Grünen zum Thema
       Wohnen liegt nun vor. Das Papier ist vage. Trotzdem würden einige Punkte
       tatsächlich etwas ändern im sozialen Mietwohnungsbau, würden sie
       konkretisiert und praktisch umgesetzt.
       
       Kern der Bauförderung ist zwar das Wohneigentum und der Neubau ohne
       Belegungsbindung. Die Union schlägt ein „Baukindergeld“ vor für
       Immobilienkäufer. Baukosten und Sanierungen sollen zudem steuerlich
       schneller abgesetzt werden können. Die Jamaika-Parteien wollen aber auch
       darüber verhandeln, ob nicht bundeseigene Grundstücke, also Grundstücke der
       Bundesanstalt für Immobilienaufgben (Bima), günstig für den Wohnungsbau
       bereitgestellt werden. Auch soll „gezielt“ in den sozialen Mietwohnungsbau
       investiert werden.
       
       Würden Grundstücke des Bundes in den Metropolen nicht mehr meistbietend an
       private Investoren verkauft, sondern zu günstigeren Preisen an die Kommunen
       für den sozialen Wohnungsbau abgegeben, wäre das tatsächlich ein
       Riesenfortschritt für Mieter. Denn was den geförderten öffentlichen
       Wohnungsbau bremst, ist der Mangel an bezahlbaren Grundstücken. Statt dass
       der Bund Geld scheffelt durch den Verkauf eigener Grundstücke zu
       Höchstpreisen und sich dann über Haushaltsüberschüsse freut, wäre es eine
       Trendwende, schon im Vorfeld auf teure Verkäufe zu verzichten und die
       Grundstücke für das bezahlbare Wohnen an die Kommunen günstiger abzugeben.
       
       Dazu müssten gezielte Investitionszulagen kommen für den sozialen
       Mietwohnungsbau. Denn bei den bisherigen Bau- und Grundstückskosten sind
       zumindest in den Metropolen öffentliche Zuschüsse angebracht, um Wohnungen
       mit einer Mietpreisdeckelung kostendeckend errichten zu können. Ein breiter
       sozialer Mietwohnungsbau beinhaltet übrigens durchaus Verhetzungspotential:
       Daraus folgen nämlich Debatten über Miet- und Einkommensgrenzen. Wer soll
       wie gefördert werden? Wo baulich verdichtet werden soll, gibt es zudem
       Anwohnerproteste.
       
       Bisher sieht es so aus: Wer wenig Geld hat, muss beengter leben, muss
       umziehen, vielleicht weit außerhalb wohnen und zwangspendeln, muss sich bei
       allen sonstigen Konsumausgaben stark einschränken, weil eben mehr als ein
       Drittel des Geldes für die Miete draufgeht. Ob eine künftige
       Jamaika-Koalition überhaupt Sozialpolitik machen will, wird sich daher auch
       an der Wohnungsfrage entscheiden.
       
       2 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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