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       # taz.de -- Rechtsextreme in Österreich: Shitstorm gegen Shoah-Überlebenden
       
       > Rudolf Gelbard überlebte die NS-Vernichtungslager, kämpft gegen das
       > Vergessen – und die FPÖ. Jetzt löst ein Video von ihm ungezügelten Hass
       > aus.
       
   IMG Bild: Rudolf Gelbard kämpft gegen das Vergessen
       
       Wien taz | Wer öffentlich gegen die rechte FPÖ auftritt, muss mit
       Konsequenzen rechnen. Denn [1][deren Anhängerschaft] ist nicht zimperlich.
       Das musste der Holocaust-Überlebende Rudolf Gelbard erleben, nachdem er
       [2][ein Video auf Facebook] gepostet hatte. In der kurzen Stellungnahme
       warnt Gelbard vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ, die seit einigen
       Tagen mit der konservativen ÖVP [3][einen Koalitionspakt aushandelt].
       
       Rudolf Gelbard ist so etwas wie eine Ikone der Gedenkkultur. Der 86Jährige
       hat in den NS-Vernichtungslagern 19 Familienmitglieder verloren und
       überlebte als Kind das KZ Theresienstadt. In dem Video, das von der
       Menschenrechtsorganisation SOS-Mitmensch auf Facebook gestellt wurde,
       argumentiert Gelbard mit dem Einfluss deutschnationaler Burschenschafter
       auf die FPÖ.
       
       Nicht weniger als 20 ihrer 51 eben in den Nationalrat gewählten
       Abgeordneten [4][gehören solchen Verbindungen an]. Sie stehen politisch
       weiter rechts als vergleichbare Corporationen in Deutschland. Viele von
       ihnen leugnen die Existenz der österreichischen Nation, pflegen den
       Arier-Paragraphen und betreiben NS-Apologie. Im Steuerungsteam der FPÖ
       sitzt mit Anneliese Kitzmüller die Vize-Vorsitzende der nicht minder
       extremistischen Mädelschaft „Iduna zu Linz“. „Heil Sonnenwende“, steht in
       einem Facebook-Posting der Mädelschaft über einem lodernden Lagerfeuer.
       
       Mehrere Corporierte stehen auf der Shortlist von FPÖ-Strache für
       Ministerposten. Allen voran der ehemalige Präsidentschaftskandidat Norbert
       Hofer, Ehrenmitglied der ziemlich rechten Marko-Germania zu Pinkafeld.
       
       ## Hetze bis zur Holocaustleugnung
       
       Gelbard begründet seine Vorbehalte gegen diese Vereinigungen mit deren
       Weigerung, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Er spricht von „sieben Fällen
       von schwersten Kriegsverbrechen, wo Burschenschafter beteiligt waren“.
       Keines dieser Verbrecher sei von den Ehrenlisten und Ehrentafeln ihrer
       Verbindungen entfernt worden. Darunter Irmfried Eberl, Kommandant des
       Vernichtungslagers Treblinka und Mitglied der Germania zu Innsbruck, und
       der berüchtigte SS-Brigadeführer und Chef des Reichssicherheitshauptamtes
       Ernst Kaltenbrunner (Grazer Arminia).
       
       Gelbard erinnert daran, dass die FPÖ auch heute noch Probleme mit der
       Vergangenheitsbewältigung habe, wie die Klagenfurter Gemeinderatsfraktion,
       die als einzige gegen eine Gedenkstätte am ehemaligen Gestapo-Hauptquartier
       gestimmt habe: „Deshalb gehört eine solche Partei, die von solchen Leuten
       durchsetzt ist, nicht in die österreichische Bundesregierung“.
       
       Neben über 80.000 Likes provozierte diese Stellungnahme auch wütende
       Reaktionen von Nutzern, die eine „linke Hetze“ zurückwiesen, Gelbard „eine
       im Hirn total benebelte Birne“ bescheinigten oder sich von SOS Mitmensch an
       das „nordkoreanische Regime“ erinnert fühlten. Zum Holocaust meinte einer:
       „es gibt auch Zeitzeugen, die das Gegenteil behaupten“. Alexander Pollak
       von SOS Mitmensch sah sich gezwungen, eine zweistellige Zahl an Postings
       mit einschlägigen Inhalten zu löschen.
       
       Schon vor einer Woche hatte Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen
       Kultusgemeinde, ebenfalls vor Regierungsverantwortung für die FPÖ gewarnt:
       „Wenn sich der nationalistische Wolf einen blauen Schafspelz überzieht,
       ändert er sein Wesen nicht, nur sein Aussehen.“ Ein Ludwig P. stellte
       daraufhin – stellvertretend für offenbar viele Gesinnungsgenossen – die
       Frage: „Ihr Juden gebt nie Ruhe, oder?“ und empfahl: „Wandert doch nach
       Israel aus, wenn euch in Europa die Luft nicht schmeckt“. Ein anderer fand,
       dass die Juden immer schon „im Hetzen gut waren, schließlich hätten sie ja
       „den Zweiten Weltkrieg finanziert und heraufbeschworen“.
       
       3 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5455061/
   DIR [2] https://www.sosmitmensch.at/videobotschaft-des-holocaust-ueberlebenden-rudolf-gelbard
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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