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       # taz.de -- Klimapolitik bei Jamaika-Sondierungen: Grüne verzichten auf Enddatum 2030
       
       > Die Umweltpolitik gilt als ein zentraler Streitpunkt bei den
       > Koalitionsverhandlungen. Doch nun geben sich die Grünen pragmatisch.
       
   IMG Bild: „Für uns kommt es nicht darauf an, ob das letzte Kohlekraftwerk 2030 oder 2032 vom Netz geht“, sagt die Parteivorsitzende Simone Peter
       
       Berlin dpa | Die Grünen kommen den Jamaika-Unterhändlern von Union und FDP
       im Streit um die Klimapolitik deutlich entgegen. Kurz vor Beginn der
       zweiten Sondierungsphase machte Parteichef Cem Özdemir deutlich, dass die
       Grünen nicht länger darauf beharren, das Ende des Verbrennungsmotors im
       Jahr 2030 festzuschreiben. Auch in den Verhandlungen um die Kohlepolitik
       signalisiert die Partei Kompromissbereitschaft.
       
       „Mir ist klar, dass wir alleine nicht das Enddatum 2030 für die Zulassung
       von fossilen Verbrennungsmotoren durchsetzen werden können“, [1][sagte
       Özdemir der] Stuttgarter Zeitung (Dienstag). Statt des konkreten Datums für
       den Ausstieg verlangen die Grünen nur noch „ein klares Bekenntnis, dass wir
       alles dafür tun, um die Fahrzeuge der Zukunft – vernetzt, automatisiert und
       emissionsfrei – zu bekommen“.
       
       Als konkrete Schritte in diese Richtung nannte Özdemir Anreize beim
       Dienstwagenprivileg, ein Bonus-Malus-System zugunsten von Elektroautos bei
       der Kraftfahrzeugsteuer und die Erwartung, dass „die Gerichtsurteile zu den
       Stickoxidemissionen umgesetzt werden, damit wir die Städte sauberer
       bekommen“.
       
       Die Grünen pochten bislang darauf, ab 2030 keine Autos mit
       Verbrennungsmotor mehr neu zuzulassen. Die CSU wiederum will keinen
       Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem ein Enddatum festgehalten ist.
       Auch die FDP hält nichts von einem Verbot.
       
       Die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition gehen an diesem Dienstag in die
       entscheidende Phase. Bis Mitte November wollen die Unterhändler eine
       Vereinbarung zustande bringen, auf deren Basis dann Ende des Monats – nach
       einem Parteitag der Grünen am 25. November – Koalitionsverhandlungen
       beginnen sollen.
       
       Die Spitzen von CDU, CSU, FDP und Grünen trafen sich am Montagabend gut
       viereinhalb Stunden im Kanzleramt, um die zweite Phase der Sondierungen
       vorzubereiten. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel wollte mit CSU-Chef Horst
       Seehofer, dem Grünen-Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sowie
       FDP-Chef Christian Lindner und FDP-Vize Wolfgang Kubicki jene Schwerpunkte
       festlegen, die während der Sondierung noch geklärt werden müssen. Über den
       Verlauf des Gesprächs wurde Stillschweigen vereinbart.
       
       ## Pragmatisch mit der Kohle
       
       Weiteres Konfliktpotenzial birgt die Kohlepolitik. Die Grünen forderten
       bisher, die 20 schmutzigsten Kraftwerke sofort abzuschalten und den
       kompletten Ausstieg bis 2030 zu vollziehen. Aber auch in diesem Punkt
       kommen nun Signale der Kompromissbereitschaft.
       
       „Für uns kommt es nicht darauf an, ob das letzte Kohle-Kraftwerk 2030 oder
       2032 vom Netz geht. Da sind wir pragmatisch. Entscheidend ist die
       CO2-Emissionsminderung“, [2][sagte Parteivorsitzende Simone Peter der]
       Rheinischen Post (Dienstag). „Uns geht es darum, dass die CO2-Emissionen
       2020 um 40 Prozent unter dem Ausstoß von 1990 liegen und dass die
       Sektorziele für 2030 eingehalten werden, auch mit Blick auf die
       Paris-Ziele.“
       
       FDP-Vize Wolfgang Kubicki versicherte, dass seine Partei die
       Klimaschutzziele für 2030 und 2050 nicht infrage stelle, aber bei den
       Zielen für 2020 momentan nicht sehe, wie sie zu erreichen seien. „Sie
       können schließlich nicht ganze Industriezweige abschalten und Fahrverbote
       aussprechen, das wäre für eine Industrienation wie Deutschland
       unvorstellbar. Wir sind nicht gewählt worden, um Hunderttausende
       Arbeitsplätze abzuschaffen“, [3][sagte Kubicki der] Passauer Neuen Presse
       (Dienstag).
       
       7 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.gruenen-chef-cem-oezdemir-jetzt-kommt-die-woche-der-wahrheit.1352d244-c540-4dd8-84cb-e7ee1d69f721.html
   DIR [2] http://www.rp-online.de/politik/deutschland/gruene-bei-abschaltung-von-kohle-kraftwerken-kompromissbereit-jamaika-verhandlungen-aid-1.7187642
   DIR [3] https://plus.pnp.de/ueberregional/politik/2719631_Gelegentlich-moralisch-ueberhoehte-Vorstellungen.html
       
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