URI: 
       # taz.de -- Doping-Vorwürfe gegen russische Sportler: „Einfach erschießen, den Lügner“
       
       > Immer noch fehlt das Bekenntnis, dass in Russland systematisch gedopt
       > wurde. Die Sportfans werden auf ein mögliches Olympia-Aus vorbereitet.
       
   IMG Bild: Beten für die Spiele: Alexander Legkow, Langläufer mit lebenslangem Olympiabann
       
       Ja, es gab das 3:3 der russischen Fußballnationalmannschaft gegen Spanien.
       Das war toll. Und dann war da noch die unbändige Freude der Peruaner auf
       Russland, nachdem sich deren Fußballteam am Mittwoch für die WM 2018
       qualifiziert hatte. Auch das war schön. Ansonsten kommt die
       Sportberichterstattung in den russischen Medien doch arg traurig daher. Die
       Teilnahme des russischen Teams an den Olympischen Winterspielen 2018 ist in
       Gefahr. Am 5. Dezember wird das Internationale Olympische Komitee darüber
       entscheiden.
       
       Die leidige Dopingfrage um die organisierte Vergabe verbotener Mittel und
       die Vertuschung von Ermittlungsergebnissen ist immer noch nicht gelöst. Ein
       Beschluss der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hat in dieser Woche die
       ohnehin düstere Stimmung im russischen Sport weiter verfinstert. Die
       russische Anti-Doping-Agentur Rusada bleibt demnach suspendiert. Seit 2015
       ist die Rusada außen vor. Da war die Wada zu der Überzeugung gelangt, in
       Russland sei ein Manipulationssystem aufgebaut worden, das bei den
       Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi seinen Höhepunkt fand. Ein
       Untersuchungsbericht, der vom kanadischen Anwalt Richard McLaren im Auftrag
       der Wada erstellt wurde, bestätigte im Jahr darauf den
       Manipulationsverdacht. Die Rusada war Teil des Betrugssystem und sollte neu
       aufgestellt werden.
       
       Mit dem Ergebnis der Bemühungen des neuen Rusada-Generaldirektors Juri
       Ganus war man indes nicht zufrieden. Zwei Forderungen der Wada blieben
       unerfüllt. Zum einen fehlt immer noch das Eingeständnis, dass in Russland
       ein staatlich gefördertes Dopingsystem installiert worden war. Und zweitens
       fehlt der Wada weiterhin der Zugang zu Proben aus dem Moskauer
       Anti-Doping-Labor.
       
       In Russland heißt es nun, die Rusada könne diese Forderungen ja gar nicht
       erfüllen. Nur staatliche Organe selbst könnten zugeben, dass stimmt, was im
       McLaren-Report steht. Und die Proben würde die Rusada umgehend ja gern
       aushändigen. Sie könne es aber nicht, weil diese sich ja in den Händen
       staatlicher Ermittler befänden. In der Tat läuft auch in Russland eine
       Untersuchung, die Dopingvorwürfe rund um Sotschi 2014 betreffend. Doch ein
       erster Bericht lässt nicht gerade vermuten, dass die Untersuchung zu dem
       Ergebnis kommt, in Russland sei massiv gepfuscht worden.
       
       Im Gegenteil, die Existenz manipulierter Proben könne nicht bewiesen
       werden. Und das Loch im Kontrolllabor von Sotschi, über das so gern
       berichtet worden ist und durch das auffällige Proben heimlich durch
       sauberen Urin ersetzt worden seien, habe man auch nicht finden können. Nach
       diesen Untersuchungen wäre nichts dran am McLaren Report, der im
       Wesentlichen auf Aussagen des ehemaligen Leiters des Moskauer
       Dopingkontrolllabors Grigori Rotdschenkow beruht. Der hat Russland längst
       verlassen, wo er als Verräter gilt, und lebt im Exil.
       
       ## „So wie Stalin das gemacht hat“
       
       Längst wird der Dopingkomplex vor allem als Instrument der politischen
       Auseinandersetzung des Westens mit Russland interpretiert. Über den
       Dopingvorwurf wollten sich die USA in den anstehenden
       Präsidentschaftswahlkampf in Russland einmischen, meinte Russlands
       Präsident Wladimir Putin. Jeder Kommentar eines westlichen Mediums, in dem
       der Ausschluss Russlands von den Spielen gefordert wird, gilt als
       Propagandaakt. Schon gibt es Forderungen, einem möglichen Ausschluss
       zuvorzukommen und die Spiele zu boykottieren. Auch Putin hat diese
       Möglichkeit schon angedeutet.
       
       Die russischen Sportfans werden jedenfalls schon darauf vorbereitet, dass
       es eventuell ein Olympia ohne russisches Team geben wird. Die staatlichen
       TV-Stationen Erster Kanal und Rossija 1 haben jedenfalls schon mal
       angekündigt, keine Bilder aus Pyeongchang zu zeigen, sollten keine Russen
       dort antreten dürfen.
       
       Gleichzeitig versucht man, die Sportler, so gut es geht, bei der Stange zu
       halten. Die Vorbereitungen auf die Spiele liefen ungebremst wie geplant
       weiter, sagt Alexander Schukow, der Präsident des Russischen Olympischen
       Komitees. Für ihn stehe auch fest, dass die Wada-Entscheidung dieser Woche
       eine „politische“ ist. Immerhin hält er sich in der Wortwahl zurück. Sein
       Vorgänger im Amt, Leonid Tjagatschow, meinte in einem Interview mit dem
       russischen Radiosender Hier spricht Moskau: „Rodtschenkow muss wegen seiner
       Lügen ganz einfach erschossen werden, so wie Stalin das gemacht hat.“
       
       19 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Russland
   DIR Doping
   DIR Sotschi
   DIR Kolumne Frühsport
   DIR Kolumne Frühsport
   DIR Langlauf
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Russland
   DIR Fußball
   DIR Pyeongchang
   DIR Anti-Doping-Agentur
   DIR Doping
   DIR Wada
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Olympiasperre für Russland halbiert: Kampf gegen eine Hydra
       
       Der Internationale Sportgerichtshof reduziert die Dopingsperre für Russland
       auf zwei Jahre. Das lässt Ankläger wie Betroffene unbefriedigt zurück.
       
   DIR Korruption und Betrug im Gewichtheben: Verschworene Reißer und Stoßer
       
       Der neueste Thriller aus der finsteren Welt des Sportbetrugs spielt in der
       Gewichtheberszene. Dort hat man wenig Interesse an Aufklärung.
       
   DIR Doping im Langlauf: Blutdoping auf der A8
       
       Der österreichische Langläufer Johannes Dürr bekennt sich öffentlich zum
       Doping. Die Behörden ermitteln. Doch welche Rolle spielte sein Verband?
       
   DIR Kommentar Olympische Spiele: Nicht ohne Russland
       
       Dem IOC ging es bei seiner Entscheidung weniger um die Integrität des
       Sports, sondern darum, wie man Russland schnell wieder integrieren kann.
       
   DIR IOC-Entscheidung zu Winterspielen 2018: Russland mal neutral
       
       Das Internationale Olympische Komitee schließt Russland von den
       Winterspielen im kommenden Jahr aus. Hintergrund sind Dopingfälle.
       
   DIR Staatsdoping in Russland: Serienreife Saga
       
       Das Finale einer irren Geschichte um Sportkriminalität: Das IOC
       entscheidet, ob Russland für die Olympischen Spiele 2018 gesperrt wird.
       
   DIR Auslosung für die Fußball-WM 2018: Schmiere, Gott und Medizin
       
       Warum lässt die Fifa das Tableau für die WM 2018 eigentlich auslosen? Wir
       haben die 32 qualifizierten Teams thematisch sortiert.
       
   DIR Russland und Olympische Winterspiele: Ende eines Spiels
       
       Ein bizarrer Kampf um die Teilnahme russischer Sportler an den
       Winterspielen von Pyeongchang geht in die Schlussphase. Ausgang ungewiss.
       
   DIR Doping bei Olympia 2014 in Russland: Rusada dementiert Eingeständnis
       
       Die Chefin von Russlands nationaler Anti-Doping-Agentur soll systematisches
       Doping zugegeben haben. Nun lässt die Agentur wissen, ihre Leiterin sei
       falsch zitiert worden.
       
   DIR McLaren-Report zu Doping im Sport: Russen wollen es nicht gewesen sein
       
       Von „Nichts dran“ bis „Alle Russen sperren“: Die Reaktionen auf den Bericht
       der Kommission könnten unterschiedlicher nicht sein.
       
   DIR Bericht zum Doping russischer Sportler: Staatlich gespritzt
       
       Mit gigantischem Aufwand hat Russland nach Angabe der Antidopingagentur
       Sportbetrüger beschützt. Mehr als 1000 wurden überführt.