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       # taz.de -- WM-Qualifikation und Fifa-Prozess: Wahnsinn Fußball
       
       > Grenzenloser Jubel in Peru, ein toter Rechtehändler und ein korrupter
       > Funktionär unter Hausarrest. Eine Geschichte, wie sie nur der Fußball
       > schreibt.
       
   IMG Bild: Perus Andy Polo feiert
       
       Lustige Bilder sind in der Nacht auf Donnerstag um die Welt geschickt
       worden. Spieler der peruanischen Nationalmannschaften ließen sich mit
       weiß-roten Plasktikfellmützen ablichten, um im Russenstyle die WM-Teilnahme
       zu feiern. 2:0 hatte Peru gerade gegen Neuseeland im Playoff-Rückspiel um
       die WM-Quali gewonnen. Der Arbeitsminister gab allen einen Tag frei. Es
       durfte ausufernd gejubelt werden über die erste WM-Teilnahme Perus seit
       1982. Zuvor war schon gemeldet worden, dass über 600.000 Peruaner ein
       Ticket für das entscheidende Spiel in Lima kaufen wollten. Eine Geschichte
       voller Wahnsinn, wie sie nur der Fußball schreiben kann.
       
       Manuel Bruga hätte vielleicht gern mitgefeiert. Doch der Mann, der bis 2014
       Präsident des peruanischen Fußballverbands war, lebt derzeit als
       Beschuldigter im Fifa-Bestechungsskandal unter harten Bewährungsauflagen in
       den USA. Während Peru feiert, muss sich Burga in Brooklyn vor Gericht
       verantworten. Es geht um Betrug, Verschwörung und Geldwäsche. Schmiergelder
       sollen beim Verkauf von Übertragungsrechten geflossen sein. Katar soll
       Millionensummen gezahlt haben, um sich die WM 2022 zu kaufen. Unter Eid hat
       der ehemalige Rechtehändler Alejandro Burzaco ausgesagt, Burga habe über 3
       Millionen Dollar Schmiergeld kassiert. Eine Geschichte um verdeckte
       Zahlungen, miese Geschäfte und ganz viel Geld, wie sie nur der Fußball
       schreiben kann.
       
       Burga bestreitet die Vorwürfe gegen ihn. Für ihn gibt es nur ein Problem,
       es ist der Zeuge. Im Gerichtsaal streicht er sich mit zwei Fingern über den
       Hals, als Burzaco spricht. Eine eindeutige Geste, meint auch Richterin
       Pamela Chen. Sie ordnet umgehend Hausarrest für Burga an und beschränkt
       seinen Zugang zu E-Mails und Telefon. Es herrscht Todesangst rund [1][um
       den Fifa-Prozess]. Das ist nicht erst so, seit Jorge Delhon, ein
       argentinischer Anwalt, der im Sportrechtehandel aktiv war, am Mittwoch tot
       neben Eisenbahngleisen in Buenos Aires gefunden wurde.
       
       Er soll sich umgebracht haben, nachdem Burzaco ausgesagt hatte, er habe den
       Anwalt zwischen 2011 und 2014 mit jährlich einer halben Million Dollar
       geschmiert. Zuvor schon hatte das Gericht aus Sicherheitsgründen dafür
       gesorgt, dass der Prozess vor einer „closed jury“ verhandelt wird. Die
       Namen der Geschworenen bleiben anonym. Eine mörderische Geschichte, wie sie
       keine andere Sportart schreiben könnte.
       
       ## Penunsen und Bestechung
       
       Dass nun ein Zeuge unter Eid ausgesagt hat, wie die WM 2022 nach Katar
       gekommen ist, wird da beinahe zur Nebensache. Den früheren Großfunktionären
       Ricardo Teixeira aus Brasilien, Nicolás Leoz aus Paraguay und Julio
       Grondona aus Argentinien hat man eh schon immer alles zugetraut. Es gibt
       niemanden, der sich wundern würde, wenn Burzacos Aussagen der Wahrheit
       entsprächen und Millionensummen aus Katar auf die Konten der drei geflossen
       wären, damit sie auch brav für Katar als WM-Ausrichter stimmen. Dass
       Teixeira und Grondona sich ihren Kollegen Leoz in einer Abstimmungspause in
       der Toilette zur Brust nahmen, weil er in der ersten Abstimmungsrunde für
       Japan beziehungsweise Südkorea gestimmt hatte, ist eine dieser irren
       Geschichten, wie sie nur die Fifa schreiben kann.
       
       In Peru wurde indes am Donnerstag weitergefeiert. Gejubelt wurde auch für
       Paolo Guerrero. Der Kapitän der peruanischen Auswahl war in den Playoffs
       nicht spielberechtigt. Wegen einer positiven Dopingprobe ist er
       suspendiert. Dass eine solche Geschichte kein großes Thema ist, auch das
       kennen wir vom Fußball.
       
       16 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
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