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       # taz.de -- Kommentar Geflüchtete und Zahlen: Kinder brauchen ihre Eltern
       
       > Bei den Sondierungen war das Thema Familiennachzug besonders umstritten.
       > Doch Menschenrechte kennen keine Obergrenze.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge demonstrieren Anfang November vor dem Bundesinnenministerium
       
       Die Debatte über den Familiennachzug war ein unwürdiges Geschacher auf dem
       Rücken von Geflüchteten. Auch wenn Parteien Kompromisse schließen müssen,
       sie dürfen sich nicht außerhalb verfassungs- und menschenrechtlicher
       Grenzen bewegen. Weder das Grundrecht auf Asyl noch die Europäische
       Menschenrechtskonvention noch die Genfer Flüchtlingskonvention kennen eine
       Obergrenze. Das Parteiensystem in Deutschland rückt nach rechts. Doch aus
       Angst vor Rechtspopulisten kann man nicht Grund- und Menschenrechte über
       Bord werfen.
       
       Besonders umstritten war in den Sondierungen der Familiennachzug. Manche
       Vorschläge waren aus unserer Sicht hartherzig, grundgesetz- und
       völkerrechtswidrig. Die FDP wollte den Familiennachzug zu subsidiär
       Geschützten für weitere zwei Jahre auszusetzen und danach im Rahmen eines
       Einwanderungsgesetzes bei Erfüllung der Familiennachzugsvoraussetzungen wie
       Lebensunterhaltssicherung erlauben. Jetzt schon sind die
       Flüchtlingsfamilien de facto mehr als drei Jahre getrennt – eine Praxis,
       die das Bundesverfassungsgericht bereits 1987 als grundgesetzwidrig
       verurteilt hat. Norbert Blüm hat Recht, wenn er das Verbot von
       Familiennachzug mit einer „staatlich erzwungenen Scheidung“ gleichsetzt.
       
       Von Flüchtlingen darf auch nicht die Lebensunterhaltssicherung als
       Voraussetzung für den Nachzug verlangt werden. Flüchtlingsfamilien werden
       oft Hals über Kopf getrennt. Es ist unmenschlich, nur denen den Nachzug der
       Angehörigen zu erlauben, die deren Lebensunterhalt sichern können. Das ist
       die Ökonomisierung des humanitären Flüchtlingsrechts nach Nützlichkeit.
       
       Gerade wenn Kinder betroffen sind, sind solche Vorschläge auch ein glatter
       Verstoß gegen das Völkerrecht. Kinder brauchen ihre Eltern. Artikel 3 der
       UN-Kinderrechtskonvention verlangt den Vorrang des Kindeswohls. Die Politik
       findet keine menschenrechtlichen Lösungen – für die Rechte von Flüchtlingen
       muss jetzt die Zivilgesellschaft kämpfen.
       
       21 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Günter Burkhardt
       
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