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       # taz.de -- YouTuber über den „Buy Nothing Day“: „Wenige sind bereit zu verzichten“
       
       > Einen Tag lang nichts kaufen – das ist das Ziel des „Buy Nothing Day“.
       > Der YouTuber Ralf Roesberger zeigt auf seinem „Selbstversorgerkanal“, wo
       > das geht.
       
   IMG Bild: Aufs „Kaaaufen!“ mal einen Tag verzichten
       
       taz: Herr Roesberger, [1][auf Ihrem YouTube-Kanal] zeigen Sie Ihren
       Abonnenten, wie sie sich selbst versorgen können. Zum „Buy Nothing Day“ am
       Samstag ruft das [2][Künstlernetzwerk „Adbusters“] weltweit zum Protest
       gegen übermäßiges Konsumverhalten auf. Ein berechtigtes Anliegen? 
       
       Ralf Roesberger: In Deutschland leben wir weit über dem Level, was wir
       eigentlich dürfen. Da muss mal wer klar sagen: Was du hier tust, kostet
       Menschen in anderen Teilen der Welt ihre Lebensgrundlage. Jeder Apfel, der
       aus Chile kommt, ist einer zu viel. Das müssen die Leute verstehen. Da will
       ich ein Umdenken provozieren. Leute, geht mal raus in euren Garten und
       probiert selber was aus!
       
       Aber kann der „Kauf-nix-Tag“ auch bei Lebensmitteln funktionieren? 
       
       Alles was hier in Deutschland wächst, probiere ich aus. Komplette
       Selbstversorgung ist aber auch in der Ernährung schwer möglich.
       Getreideanbau habe ich schon mal ausprobiert, ist aber kaum machbar. Nicht
       nur zum Anbau braucht man Maschinen, sondern auch zur Weiterverarbeitung.
       Aber wenn der Aufwand, der hinter der Lebensmittelproduktion steckt,
       bekannter wäre, würde niemand mehr Brötchen wegwerfen.
       
       Sie bauen auf 2.000 Quadratmeter Fläche Obst und Gemüse an. Wenn man die
       weltweit genutzte Ackerfläche gerecht unter der Weltbevölkerung aufteilen
       würde – wäre das Ihr gerechter Anteil. Und dennoch können Sie sich nicht
       komplett selbst versorgen. 
       
       Wir könnten theoretisch mit zwei Personen von dem leben, was ich hier
       ernte. Nur wäre diese Kost einseitig und eher ungesund. Getreide und
       Milchprodukte lassen sich im Garten nicht ohne Weiteres erzeugen. Dafür
       produziere ich erheblich mehr Honig und Eier, als wir verbrauchen können.
       Die Überschüsse könnten wir tauschen. Aber das ist natürlich keine Lösung
       für alle. Wichtig wäre, ein umweltverträgliches Maß zu finden – statt
       täglichem Fleischkonsum sollten wir wieder zurück zum klassischen
       Sonntagsbraten. Das Problem ist ja unser übermäßiger Konsum, auch bei
       Nahrungsmitteln. Bei unserem Luxus sind aber nur die wenigsten bereit zu
       verzichten. So werden wir nicht rechtzeitig die Kurve kriegen.
       
       Das klingt etwas deprimierend. Die „Adbusters“ begründen ihre Aktion auch
       damit, dass Konsum nicht glücklich macht. Sind Selbstversorger glücklicher? 
       
       Auf jeden Fall ist es befriedigend, wenn ich nur mit selbst angebauten
       Lebensmitteln koche. Ich denke, die glücklichsten Menschen auf der Welt
       sind jene, die am weitesten weg von unserer Leistungs- und
       Konsumgesellschaft leben. Konsum macht nicht glücklich. Ich habe selten so
       viele Leute lachen sehen wie im tiefsten afrikanischen Dschungel.
       
       Und mit Ihrem Kanal verbessern Sie die Welt da draußen ein bisschen? 
       
       Ich hoffe. Wie viele Leute haben wegen mir schon ihren Rasen umgegraben –
       das waren sicher Hunderte. Es ist ein Beitrag, aber es löst leider unsere
       Probleme nicht. Die Landwirtschaft hat sich meiner Meinung nach seit vielen
       Jahren in eine falsche Richtung entwickelt. Bei der Züchtung von Kartoffeln
       ging es zum Beispiel vornehmlich um Ertragssteigerung und
       Markttauglichkeit. Resistenzzüchtung spielte eine eher untergeordnete
       Rolle. Deshalb muss jetzt so viel gespritzt werden. Da muss endlich mal
       gegengesteuert werden. Aber so ein Wandel funktioniert nur von oben. Dem
       einzelnen Landwirt ist unter den gegebenen Umständen kein Vorwurf zu
       machen.
       
       24 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/channel/UCoHvJAx03zZuGkpPAxCO9UQ
   DIR [2] http://www.adbusters.org/bnd/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lukas Dörrie
       
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