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       # taz.de -- Werben für Schwangerschaftsabbruch: Worauf wartet ihr noch?
       
       > Nach dem Urteil gegen eine Ärztin ist eine Mehrheit im Bundestag gegen
       > Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs. Ihn abzuschaffen wäre jetzt möglich.
       
   IMG Bild: Würde sich über die Abschaffung des Paragraphen 219a Strafgesetzbuch freuen: Ärztin Kristina Hänel
       
       Berlin taz | Zwölf Wochen hat eine Frau in Deutschland, um eine
       Schwangerschaft straffrei abzubrechen. Zwölf Wochen wären auch ein guter
       Zeitrahmen, [1][um den Paragrafen 219a Strafgesetzbuch abzuschaffen]. Der
       Paragraf verbietet das „Werben für den Abbruch einer Schwangerschaft“.
       Politisch wäre es sinnvoll, diesen Paragrafen so bald wie möglich auf die
       Tagesordnung zu setzen – und zwar durchaus noch vor einer
       Regierungsbildung.
       
       Ein aktueller Anlass hat dafür gesorgt, dass inzwischen gleich zwei
       Gesetzentwürfe das Aus dieses Paragrafen fordern: Am vergangenen Freitag
       wurde die Ärztin Kristina Hänel vor dem Gießener Amtsgericht [2][zu einer
       Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt], weil im Leistungsspektrum auf ihrer
       Webseite das Wort „Schwangerschaftsabbruch“ steht. Die Linksfraktion hatte
       ihren Entwurf bereits vor dem Prozess vorgelegt, nun kündigte auch die
       SPD-Abgeordnete Eva Högl einen entsprechenden Vorstoß an.
       
       Sie verstehe das Urteil als Auftrag an die Politik, sagte auch die
       Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws, die zum Prozess nach Gießen gefahren war,
       der taz: „Die Politik muss hier für gesetzliche Klarheit sorgen.“ Auch die
       FDP-Fraktion erklärte, der Paragraf sei „nicht mehr zeitgemäß und sollte
       geändert werden“.
       
       Könnten SPD, Grüne, Linke und FDP sich also auf eine gemeinsame Forderung
       einigen und käme ein solcher Gesetzentwurf vor der Bildung einer neuen
       Regierung zur Abstimmung, wäre eine Mehrheit durchaus machbar; denn keine
       Fraktion wäre qua Koalition an die Union gebunden. Ein gemeinsames
       Abstimmen könnte also im besten Fall 369 Ja-Stimmen auf sich vereinen –
       gegen 338 von Union und AfD. Man sei zugunsten eines interfraktionellen
       Gesetzentwurfes bereit, den eigenen zurückzuziehen, sagte die
       Linkenpolitikerin Cornelia Möhring der taz. „Uns geht es nicht um die
       Lorbeeren, sondern darum, dass der Paragraf wegkommt.“
       
       Und selbst in der Union könnte die Haltung differenzierter ausfallen, als
       das Thema erwarten lässt. So hält Elisabeth Winkelmeier-Becker,
       rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, ein Werbeverbot zwar generell für
       richtig; man könne „aber sicherlich darüber streiten, ob schon die
       sachliche Information auf der Homepage eines Arztes den Tatbestand
       erfüllt“.
       
       Klar ist: Das Thema ist längst über feministische Kreise hinausgewachsen.
       Am Tag nach dem Prozess forderten etwa die Delegierten der
       Landesärztekammer Hessen den Gesetzgeber ohne Gegenstimme auf, den
       Paragrafen 219a „so zu überarbeiten, dass eine sachgerechte Information
       nicht mehr unter Strafe gestellt wird“. Der Deutsche Ärztinnenbund fordert
       gemeinsam mit dem Deutschen Juristinnenbund die Abschaffung des
       Straftatbestandes.
       
       Fehlt also nur noch der politische Mut. Wie der aussehen könnte? Zwölf
       Wochen ab jetzt – weg mit Paragraf 219a StGB bis zum 11. Februar 2018.
       
       27 Nov 2017
       
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