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       # taz.de -- Wikileaks und Donald Trump junior: Einseitige Enthüllungen
       
       > Die Whistleblower-Plattform wirbt mit Unabhängigkeit. Die Anbiederung an
       > Donald Trump junior beweist: Wikileaks verfolgt eine eigene Agenda.
       
   IMG Bild: Russland haben Julian Assange und Co. bisher mit Leaks verschont
       
       In Sachen Kommunikationsstrategie haben Julian Assange und Donald Trump
       schon jetzt einiges gemeinsam: Gibt es Kritik, dann poltern der
       Wikileaks-Gründer und der US-Präsident gerne zurück – und zwar beide am
       liebsten über den Kurznachrichtendienst Twitter. Nachdem nun die
       Zeitschrift [1][The Atlantic] am Montagabend Inhalte [2][eines Chats]
       zwischen Wikileaks und Trumps ältestem Sohn Donald Junior aus dem Wahlkampf
       2016 veröffentlichte, warf Assange der Atlantic-Redaktion [3][per Twitter]
       vor, das Gespräch sinnentstellend zusammengeschnitten zu haben.
       
       Mit Medienschelte auf peinliche Enthüllungen reagieren – das kennt man auch
       von einem gewissen US-Präsidenten. Einem, zu dem die ach so unabhängige
       Enthüllungsplattform Wikileaks offenbar beste Beziehungen pflegen wollte.
       Das legt das Chatprotokoll nahe.
       
       Während Trump junior darin eher einsilbig auf die Kontaktversuche
       reagierte, bat die Plattform Trump junior und senior,
       Wikileaks-Enthüllungen über Hillary Clinton per Social Media zu promoten.
       Am Wahltag – bevor sich Clintons Wahlniederlage abzeichnete – hielt
       Wikileaks Trump dazu an, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen, sollte die
       Demokratin gewinnen.
       
       Derlei Absprachen sollten dem Selbstverständnis der Enthüllungsplattform
       widersprechen, geriert sich Wikileaks doch gern als Dienstleister der
       Aufklärung. Der Chat mit Donald Trump junior legt jedoch nahe, dass
       Wikileaks längst selbst als politischer Akteur handelt und Einfluss auf den
       Wahlkampf nehmen wollte – zugunsten Trumps.
       
       ## Einseitige Enthüllungen
       
       Im Juli 2016 verbreitete Wikileaks den E-Mail-Verkehr führender Demokraten,
       obwohl diese nach Ansicht der US-Geheimdienste aus einem russischen
       Hackerangriff stammen könnten. Von Veröffentlichungen über Trump sah
       Wikileaks hingegen ab und auch Russland wurde bisher weitgehend verschont.
       
       Einst überraschte Wikileaks mit aufsehenerregenden Veröffentlichungen zu
       US-Kriegsverbrechen sowie zu Korruption in Afrika und Südamerika – und
       wirkte dabei unabhängig. Mittlerweile scheinen Assange und Co eine eigene
       politische Agenda vorantreiben zu wollen.
       
       So versuchte Wikileaks an die Steuerbescheide von Trump senior zu kommen –
       und bat dazu den Junior um ein bisschen Überzeugungsarbeit. Außerdem warnte
       Wikileaks den Sohn des damaligen Präsidentschaftskandidaten vor einer neuen
       Anti-Trump-Webseite.
       
       ## Wikileaks schädigt die eigene Marke
       
       Was hat das noch mit Leaks zu tun? Wikileaks hat versucht, in Donald Trump
       junior einen Informanten zu finden, und die eigenen Enthüllungen dabei als
       Verhandlungsmasse eingesetzt. Das ist im besten Fall stinknormaler
       Journalismus. Im schlechtesten ist es eine versuchte Einflussnahme auf den
       Wahlkampf.
       
       Damit schädigt Wikileaks die eigene Marke. Denn über die wirklich
       hochbrisanten Anschuldigungen gegen Clinton und die Führungsriege der
       Demokraten wegen des Verdachts auf Vorwahl-Manipulation, die in der
       vergangenen Woche aufkamen, dürfte jetzt weniger diskutiert werden als über
       die Verbindungen der Enthüllungsplattform zum Trump-Clan. Dass Wikileaks
       die Protokolle nicht selbst veröffentlichte, zeigt, dass die Plattform
       Transparenz offenbar nur von anderen verlangt.
       
       Vielleicht hat sich die Idee von Wikileaks aber auch selbst überholt, seit
       es Journalisten gelingt, große geleakte Datenmengen selbst auszuwerten –
       und das nach den ethischen Standards der Branche. Das internationale
       Journalistennetzwerk ICIJ hat mit den Panama und Paradise Papers
       internationale Skandale aufgedeckt und redaktionell aufbereitet – und zwar
       bei Russen wie Amerikanern und bei Demokraten wie Republikanern.
       
       14 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.theatlantic.com/politics/archive/2017/11/the-secret-correspondence-between-donald-trump-jr-and-wikileaks/545738/
   DIR [2] /Russland-Ermittlungen-nach-US-Wahl/!5462316
   DIR [3] https://twitter.com/JulianAssange/status/930242679123906561
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jörg Wimalasena
       
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