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       # taz.de -- EU-Afrika-Gipfel in Abidjan: Politiker ja, Zivilgesellschaft nein
       
       > Vor dem EU-Afrika-Treffen: In der Elfenbeinküste hat die Polizei eine
       > Konferenz von Gewerkschaften und NGO aufgelöst.
       
   IMG Bild: Keine Präsidentenmaschine: Rückkehr ivorischer Flüchtlinge aus Libyen nach Abidjan
       
       Abidjan taz | Kurz vor Beginn des EU-Afrika-Gipfels in der Elfenbeinküste
       hat die Polizei den Gipfel der Zivilgesellschaft aufgelöst. Seit Sonntag
       hatten etwa 400 VertreterInnen von Gewerkschafts-, Entwicklungs- und
       Migrantenorganisationen im Gebäude des ivorischen Gewerkschaftsverbandes im
       Stadtteil Treichville über eine alternative Zukunftsagenda diskutiert.
       Gegen neun Uhr am Dienstagmorgen erschienen dann Mannschaftswagen der
       Polizei.
       
       „Die Beamten kamen rein und haben alle vertrieben“, sagt Alasanne Dicko von
       der Organisation Afrique-Europe-Interact. Die Polizisten nahmen, so
       berichtet Dicko, alle Transparente von den Wänden und forderten die
       Anwesenden auf, das Gelände „aus Sicherheitsgründen“ zu verlassen. Einige
       der Anwesenden wurden in Gewahrsam genommen. „Sie wollten die
       Zivilgesellschaft neutralisieren, bevor die Präsidenten kommen“, sagt
       Dicko.
       
       Die Auflösung des Gipfels der Zivilgesellschaft geschah ohne Angabe von
       Gründen, nach Angaben der Polizei auf Weisung „von hoher Stelle“, sagte
       Reinhard Palm, Leiter der Afrika-Abteilung von Brot für die Welt. „Nach
       zwei Tagen spannender und völlig friedlicher Diskussionen sollte heute eine
       Abschlusserklärung mit den Erwartungen und Forderungen der
       Zivilgesellschaft an den Gipfel verabschiedet werden.“ Am Mittwochvormittag
       hatten die Aktivisten noch versucht, sich zu Aktionen in der Innenstadt von
       Abidjan zu verabreden, dies aber schließlich aufgegeben.
       
       Zur selben Zeit füllte sich das auf einer Landzunge in der Innenstadt von
       Abidjan gelegene Sofitel-Hotel langsam mit den Gipfelgästen. Der wohl
       umstrittenste Teilnehmer, der libysche Präsident Fajis al-Sarradsch
       wartete, umringt von Leibwächtern, in der Hotellobby, ehe er mit Vertretern
       der EU über den Ausbau der Unterstützung für seine Regierung sprach.
       
       ## Kategorie „Erst später machbar“
       
       Zuvor durften die VertreterInnen der „Jugendinitiative“ von EU und AU
       darlegen, wie sich das Verhältnis der beiden Kontinente in Zukunft
       entwickeln sollte. 36 junge Menschen aus Europa und Afrika hatten,
       gesponsert mit einem eigens aufgelegten Stipendium, dazu seit Monaten eine
       Deklaration vorbereitet.
       
       In Anzügen und Cocktailkleidern forderten sie im Casinogebäude des Sofitels
       ein euro-afrikanisches Erasmusprogramm sowie niedrigere Gebühren für
       Rücküberweisungen. Außerdem machten sie darauf aufmerksam, dass derzeit für
       jeden Dollar, der von außen in Afrika investiert wird, vier Dollar am
       Fiskus vorbei aus den afrikanischen Volkswirtschaften abfließen.
       
       EU-Außenkommissarin Federica Mogherini, Initiatorin der
       „Jugendinitiative“, verfolgte die Referate mit gütiger Miene. Am Ende
       verkündete sie, dass sie noch am selben Tag mit den Staatschefs den
       Empfehlungskatalog daraufhin durchsehen werden, „was sofort und was erst
       später machbar“ sei.
       
       Die meisten Dinge dürften in letztere Kategorie fallen. Günter Nooke, der
       Afrika-Beauftragte der Bundeskanzlerin, warnte vor „Illusionen“ in der
       deutschen und europäischen Migrationspolitik – und widersprach
       Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Der hatte in Abidjan für legale Wege
       einer Ausbildung in der EU geworben und Zahlen genannt: „Ich glaube, dass
       Europa da in jedem Jahr schon mehrere Hunderttausend Plätze anbieten kann.“
       Diese Menschen müssten dann nach drei oder vier Jahren freiwillig
       zurückkehren.
       
       „Dies scheitert daran, dass die Erwartung, dass all diese Menschen auch
       nach drei oder vier Jahren zurückkehren, bisher nicht erfüllt wurde“, sagte
       Nooke. „Kein Innenminister wird Hunderttausende reinlassen, wenn er nicht
       sicher ist, dass die meisten zurückgehen.“
       
       29 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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