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       # taz.de -- Chinas weltweite Werbung in den Medien: Ein Weg zu immer neuer Stärke
       
       > Eine SZ-Beilage über China wurde von der Kommunistischen Partei
       > produziert und finanziert. Menschenrechtler sind entsetzt.
       
   IMG Bild: Xi Jinping, chinesischer Präsident, dürfte sich über den weltweiten Werbeerfolg freuen
       
       „Alles, was Sie wissen müssen“, lautet der Titel, und das Wichtigste steht
       auf Seite 1: Zitate des gerade wiedergewählten Generalsekretärs der
       Kommunistischen Partei (KP) Xi Jinping und seine Devise für China: „Auf
       dem Weg zu neuer Stärke“.
       
       Das hat Chinas KP nicht dem eigenen Publikum zu vermitteln versucht,
       sondern LeserInnen in Deutschland, genauer: jenen der Süddeutschen Zeitung
       (SZ). Am 10. November legte der Verlag einer Teilauflage seines Blattes
       eine 16-seitige bezahlte Sonderveröffentlichung bei – China Watch, ein
       Produkt der staatlichen englischsprachigen KP-Tageszeitung China Daily.
       Unter anderem servierte sie den Deutschen Lesern eine Statistik: „Die KP in
       Zahlen“.
       
       Menschenrechtler reagierten entsetzt: „Die Süddeutsche Zeitung mit ihrem
       Anspruch als Qualitätszeitung darf keine Propaganda autoritärer Staaten
       verbreiten, die sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht
       haben“, sagt Kai Müller, Chef der International Campaign for Tibet
       Deutschland.
       
       Die SZ sieht das anders: Sie gestehe Meinungsfreiheit als „eines der
       höchsten Güter“ auch anderen zu, schrieb der Verlag an die
       Tibet-Aktivisten. Im Übrigen habe die Redaktion mit der Beilage nichts zu
       tun, verantwortlich seien die Chinesen.
       
       ## Pekings Funktionäre stellen sich geschickt an
       
       Das ist richtig: Der China-Korrespondent der Redaktion, Kai Strittmatter,
       ist einer der sachkundigsten Beobachter – und oft auch bissigsten Kritiker
       – der chinesischen Regierung.
       
       Chinas Propagandabehörden konzentrieren sich längst nicht mehr nur darauf,
       die eigene Bevölkerung zu überzeugen. In diesen – für chinesische und
       ausländische Journalisten angesichts von Repression und Zensur –
       schwierigen Zeiten nutzen die Behörden alle Formen des modernen Marketings,
       um ihre Botschaft in die Welt zu bringen.
       
       Dabei finden sie willige Partner, die sich dafür bezahlen lassen. Nicht nur
       die SZ versorgt die Kunden mit der Eigenwerbung des offiziellen China,
       sondern unter anderem auch die Washington Post, der britische Daily
       Telegraph und der französische Figaro.
       
       „Die chinesische Regierung will Macht über Informationen, Bilder und
       Geschichten, um ihren Einfluss in der Welt zu vergrößern“, sagt Kristin
       Shi-Kupfer vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. Und
       dabei stellen sich Pekings Funktionäre geschickt an: Sie schalten nicht nur
       Anzeigen und Beilagen, sondern laden auch leitende Redakteure ausländischer
       Medien nach China ein.
       
       ## Mal in ein chinesisches E-Auto steigen
       
       Die sollen sich dann selbst überzeugen, wie nett die KP eigentlich sei und
       wie einseitig und falsch die Korrespondenten des eigenen Blattes doch über
       China berichteten.
       
       Zu solchen Veranstaltungen zählen wohl auch der deutsch-chinesische
       Mediendialog des Auswärtigen Amts und das Medienforum China – Deutschland
       der Robert-Bosch-Stiftung. Die deutschen Journalisten dürfen bei solchen
       Begegnungen mit Kollegen und Funktionären über Politik und Journalismus
       plaudern, sich, wie die Gäste der Bosch-Stiftung im vorigen Jahr, die
       Terracotta-Armee in Xian anschauen und in ein chinesisches Elektroauto
       steigen. 2016 waren unter anderem führende Journalisten des NDR-Fernsehens,
       der Stuttgarter Zeitung und der Zeit dabei.
       
       „Es war hochinteressant zu erfahren, wie die chinesischen Kollegen die
       Rolle der Medien in der eigenen Gesellschaft wahrnehmen“, befand
       SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach nach seiner Rückkehr.
       
       Tibet-Mann Müller sagt dazu: „Dafür muss er nicht nach China fahren und
       sich mit Leuten an einen Tisch setzen, die kritische Journalisten ins
       Gefängnis werfen. Da muss er nur seine eigene Zeitung lesen.“
       
       29 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Lorenz
       
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