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       # taz.de -- Gestohlene Stolpersteine in Berlin: Spenden schließen Erinnerungslücken
       
       > Seit Montag werden die Anfang November unter anderem in der Neuköllner
       > Hufeisensiedlung gestohlenen Stolpersteine ersetzt.
       
   IMG Bild: Fest im Boden einbetoniert: Stolperstein für Stanislaw Kubicki in der Hufeisensiedlung
       
       Anfang November bemerkten Anwohner der Britzer Hufeisensiedlung das Fehlen
       zahlreicher Stolpersteine. Auf den Tag genau vier Wochen später
       versammelten sich am Montagmittag mehr als 100 Menschen zu einer vom
       Bezirksamt und der Anwohnerinitiative „Hufeisern gegen rechts“
       organisierten Zeremonie zum Beginn der Neuverlegungen.
       
       Wenige Tage vor dem Gedenktag anlässlich der antijüdischen Pogrome von 1938
       waren in Neukölln insgesamt 16 Gedenksteine entwendet, 4 weitere beschädigt
       worden. Die mutmaßlich von Neonazis verübte Tat bestürzte viele. Erstmals
       waren in Berlin systematisch Stolpersteine ausgegraben worden. Die
       Neuköllner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) berichtete am Montag,
       dass 11.000 Euro gespendet wurden – weit mehr als für die Neuverlegung
       nötig.
       
       Sie wertete dies als klares Zeichen: „Wir stehen auf gegen die
       Geschichtsvergessenheit einiger, wir wollen und müssen all diesen Leuten
       unsere Erinnerung schenken.“ Alle in der Hufeisensiedlung gestohlenen
       Steine erinnerten an politische Gegner der Nazis. Zu Beginn der 1930er
       Jahre lebten hier viele linke Aktivisten, Intellektuelle und Künstler.
       
       Einer der am Montag neu verlegten Steine ist dem Künstler und
       Widerstandskämpfer Stanislaw Kubicki gewidmet. Noch heute wohnt sein Sohn,
       Stanislaw Karol Kubicki, in dem Reihenhaus seiner Eltern in der Siedlung.
       Spontan lädt der 91-Jährige zum Gespräch ins Wohnzimmer: Sein Vater sei ein
       extrovertierter Mensch und ein begnadeter Maler und Dichter gewesen.
       Nachdem SA-Männer mehrmals das Haus durchsuchten und Bilder des Vaters
       zerstört hatten, sei dieser 1934 nach Polen emigriert.
       
       ## Künstler und Widerstandskämpfer
       
       Kubicki erzählt, sein Vater habe Hitler anfangs als kurzweiliges Phänomen
       wahrgenommen, hätte schnell zur Familien zurückkehren wollen. Doch es kam
       anders: Nach dem Überfall der Nazis auf Polen schloss sich Kubicki dem
       polnischen Widerstand an. Mit seinem deutschen Pass kam er für
       Kurierdienste immer wieder nach Berlin, überbrachte Depeschen an
       Botschaften neutraler Staaten und übermittelte im Gegenzug Geld an den
       polnischen Widerstand. Das wurde ihm 1941 zum Verhängnis: Die Gestapo nahm
       ihn gefangen und überstellte ihn nach Warschau, wo er 1942 umgebracht
       wurde.
       
       In den kommenden Tagen werden weitere 14 Stolpersteine neu verlegt, Infos
       unter: [1][www.hufeiserngegenrechts.de]. Der Spendenüberschuss soll in
       einen Erinnerungsfonds fließen, der Schülern ermöglicht, sich mit den
       Geschichten von Verfolgten des NS-Regimes aus Neukölln zu beschäftigen und
       neue Stolpersteinlegungen zu veranlassen. „Die Täter haben genau das
       Gegenteil ihres Vorhabens erreicht“, so Giffey.
       
       4 Dec 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.hufeiserngegenrechts.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Kraft
       
       ## TAGS
       
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