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       # taz.de -- Territorialwahl in Korsika: Die „Nationalisten“ haben klar gesiegt
       
       > Die Autonomisten und Separatisten werden im Parlament in Korsika die
       > Mehrheit stellen. Kommt jetzt eine Abspaltung à la Katalonien?
       
   IMG Bild: Das alte Image der Separatisten: Immer im Kampf, hier bei einer Demonstration 2009
       
       Paris taz | Bei den Territorialwahlen auf der französischen Mittelmeerinsel
       Korsika war ein Vormarsch der Allianz der Autonomisten und Separatisten
       erwartet worden. Das Ergebnis der Liste „Pè a Corsica“ (Für Korsika) beim
       ersten Durchgang am Sonntag hat mit 45,36 Prozent der Stimmen selbst die
       kühnsten Hoffnungen des Spitzenkandidaten Gilles Simeoni übertroffen.
       
       Seine Wahl zum Vorsitzenden der aus der Fusion der bisherigen zwei
       Departements (Nord- und Südkorsika) hervorgegangenen Territorialversammlung
       ist nun ungefährdet, denn seine Liste dürfte am kommenden Sonntag
       problemlos eine Mehrheit der insgesamt 63 Sitze erringen. Und schon gibt es
       Spekulationen, wonach Korsika demnächst wie Katalonien die Selbstbestimmung
       verlangen könne.
       
       Schon bei den letzten Kommunalwahlen 2014 und danach bei den letzten
       Regionalwahlen 2015 hatten die korsischen „Nationalisten“, wie die
       Autonomisten und Separatisten politisch etikettiert werden, kräftig
       zugelegt. Das Resultat der jetzigen Wahl ist aber laut Simeoni „einzigartig
       in der Geschichte Korsikas“.
       
       Bezeichnenderweise kommt zum Spitzenreiter „Pè a Corsica“ auch noch eine
       rechte regionalistische Liste (A strada di l’avvene) mit 14,97 Prozent und
       eine radikalere Separatistengruppe (Core in Fronte) mit 6,69 Prozent. Weder
       den Konservativen von Les Républicains (12,77 Prozent) noch der Liste der
       Macron-Partei En marche (11,26 Prozent) ist es gelungen, dieser Dynamik
       etwas entgegenzusetzen.
       
       ## Linke und Front National vollkommen bedeutungslos
       
       Die politische Linke schließlich ist mit 5,68 Prozent fast ganz vom Schirm
       verschwunden. Nur der rechtsextreme Front National, der auf Korsika von
       antimuslimischen Ressentiments profitieren wollte, hat mit 3,28 Prozent
       noch schlechter abgeschnitten. Alle der geschlagenen Gegner der
       Autonomisten haben als Ausrede, dass die selbst für Korsika niedrige
       Wahlbeteiligung von lediglich 52,17 Prozent das „historische“ Ergebnis vom
       Sonntag relativiere.
       
       Der Korsika-Spezialist André Fazi meint dazu, die Nationalisten hätten dank
       ihres Lokalkolorits mit Erfolg „rechts, links und selbst beim FN“ Stimmen
       dazugewinnen können. Das Image der korsischen Nationalisten hat sich in den
       letzten Jahren grundlegend verändert, was zu einem großen Teil ihren
       Triumph erklärt. Hatte man sich darunter noch unlängst einen bewaffneten
       und vermummten Guerillero mit der Flagge der FLNC-Untergrundbewegung
       vorgestellt, verkörpert Simeoni heute einen ganz anderen Stil und eine neue
       Generation.
       
       Mit dem auf Napoleons Heimatinsel üblichen Stolz wird der 50-jährige
       Bürgermeister von Bastia von manchen Fans sogar als „Obama von Korsika“
       gefeiert. Ihm ist es jedenfalls gelungen, die vom Anwalt Jean-Guy Talamoni
       angeführten Separatisten, die das Erbe der FLNC und deren Vorkämpfer
       beanspruchen, für eine politisch überzeugende und erfolgreiche Allianz zu
       gewinnen.
       
       Die neue Territorialversammlung von Korsika hat ein Budget von 1.380
       Millionen Euro und ersetzt in Zukunft als einzige Behörde und politische
       Vertretung die beiden Departements und die Region. Zusätzliche Kompetenzen
       sind dagegen nicht vorgesehen. Doch Forderungen der neuen Repräsentanten
       Korsikas dürften nicht lange auf sich warten lassen.
       
       4 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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