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       # taz.de -- Kommentar bundesweite G20-Razzien: Polizisten, die im Dunkeln tappen
       
       > Mit den Durchsuchungen in acht Bundesländern wollte die Polizei Beweise
       > für Absprachen militanter G20-Gegner finden. Aber das wird wohl nichts.
       
   IMG Bild: 5. Dezember vor dem Roten Zentrum in Göttingen. Und plötzlich kommt Besuch…
       
       Bei ihren Ermittlungen gegen mutmaßlich Beteiligte an den Ausschreitungen
       beim Hamburger G20-Gipfel tappt die Polizei trotz allen Aufwands im Dunkeln
       und steht selbst massiv unter Druck. Anders sind die Razzien am
       Dienstagmorgen gegen 25 Objekte in acht Bundesländern nicht zu erklären.
       Verwundern muss vor allem der genannte Hauptanlass für die
       Hausdurchsuchungen: eine Demo am Rondenbarg.
       
       Die Straße in einem Industriegebiet steht viel weniger für die an anderer
       Stelle durchaus massive Gewalt der Linksautonomen als für einen brutalen
       und rechtsstaatlich fragwürdigen Einsatz der Polizei. Hier nahmen die
       Beamten einen Demonstrationszug auseinander, aus dem zuvor zwei, drei
       Feuerwerkskörper geflogen waren. Zurück blieb ein Dutzend schwer verletzter
       Aktivisten, teils mit Kopfverletzungen und Beinbrüchen.
       
       Es waren Videos der Polizei selbst, die Zweifel an ihrer Darstellung der
       Angriffe durch Demonstranten haben aufkommen lassen. Die Razzien jetzt sind
       ein verzweifelter Versuch, den aus dem Ruder gelaufenen Einsatz
       nachträglich zu rechtfertigen. Oberwasser brauchen die Verfolgungsbehörden
       ebenfalls für das Gerichtsverfahren gegen den 19-jährigen Italiener Fabio
       V.
       
       Weil er am Rondenbarg dabei war, und zwar nur deswegen, saß er fünf Monate
       in Untersuchungshaft, erst im Februar wird ein Urteil erwartet. Eine Farce.
       Auch bei den von der Razzia Betroffenen steht der pauschale Vorwurf des
       schweren Landfriedensbruchs im Raum, ohne dass gegen sie im Einzelnen etwas
       vorliegt.
       
       ## Laptops, Handys, USB-Sticks
       
       Die Polizei will Beweise für Absprachen der militanten Gipfelgegner finden,
       wohl auch für die gewaltsame Tour einiger Autonomer durch die noble
       Elbchaussee. Zwar vermutet sie, so der NDR, vorwiegend ausländische Täter,
       doch gebe es Hinweise auf lokale Depots mit Waffen und Vermummungsmaterial
       – also auf federführende Beteiligung von Hamburger Autonomen. Einen von
       ihnen haben sie nun besucht, einen Aktivisten, dessen Wohnung schon vor dem
       Gipfel durchsucht wurde. Andere betroffene Orte stehen eher aufgrund ihrer
       Bekanntheit in der Szene im Fokus der Polizei, etwa das Rote Zentrum
       Göttingen.
       
       Eingesammelt haben die Beamten Laptops, Handys und USB-Sticks, damit hoffen
       sie, zum Kern der autonomen Absprachen vorzudringen. Doch die ermittelnde
       Soko Schwarzer Block unterliegt einem Trugschluss: Die autonome Szene hat
       keine Planungschefs, weder in der Roten Flora noch anderswo, und selbst
       teure Zerstörungstouren brauchen keine monatelange Vorbereitung. Für die
       spektakulärsten Aktionen reicht Mund-zu-Mund-Propaganda vor Ort, genügend
       Wütende ließen sich in der aufgeheizten Atmosphäre der Gipfeltage
       problemlos finden.
       
       Wie es dazu kommen konnte, können sich Politiker ja auch mal fragen.
       
       5 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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