# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Es braucht künstliche Tigerpimmel
> Zwei Schweizer haben eine geniale Idee, wie man mit falschem Elfenbein
> Wilderern das Handwerk legen kann. Darauf lässt sich aufbauen.
IMG Bild: Einfach viel gefälschtes Elfenbein auf den Markt bringen
Letztens wieder: Irren-Alarm vom US-Präsidenten. Der hatte trumpetet, er
wolle den Import von Elfenbein wieder erlauben. Der Aufschrei von allen,
die wilde Tiere nicht nur durch ein Zielfernrohr betrachten, war groß.
Jetzt will Trump noch mal nachdenken, den Bann doch nicht aufzuheben.
Umweltschützer fürchten, dass die Elefanten in Afrika völlig von Wilderern
ausgerottet werden, wenn es einen legalen Markt für Elfenbein geben sollte.
Genau das wollen Bruno Frey und Lasse Steiner verhindern, ein Schweizer
Professor und ein Berater. Sie schlagen vor, den Weltmarkt mit gefälschtem
Elfenbein zu überschwemmen. Der Schwarzhandel mit Elefanten- und
Nashornteilen lasse sich nicht unterdrücken, aber praktisch jedes Material
könne inzwischen imitiert werden. Also den 3D-Drucker angeworfen und
tonnenweise Elfenbein produziert! Frey und Steiner wollen das auch ganz
offen propagieren, um den Markt zu verunsichern und die Preise zum Absturz
zu bringen.
Eine geniale Idee. Die Staaten könnten viel Elend verhindern, wenn sie
illegale Märkte fluten, statt sie mit Milliardenkosten und vielen Opfern zu
bekämpfen. Über eine Legalisierung von Drogen wird viel geredet, aber eine
solche Kampagne hätte noch ganz andere Dimensionen.
Bald schon könnten die Forscher nicht nur Pulver aus künstlichem Elfenbein
(vielleicht unter dem Produktnamen „Elfenarm“) und Nashornhorn vertreiben,
sondern alle Geschmacksverirrungen berücksichtigen: Potenzmittel aus
künstlichem Tigerpimmel, angebliche Haifischflossen aus Tofu-Ersatz,
Schlangenhaut aus PVC. Nicht mal die Handtasche der Kanzlerin müsste noch
aus echtem Groko-Leder sein.
Nach den erfolgreichen Slogans „Saufen für den Regenwald“ (pro Bierkiste
einen Quadratmeter erhalten) und „Nützen, um zu schützen“ (alte
Schweinerassen schlachten, um sie am Leben zu halten), heißt es nun:
Fälschen für den Artenschutz! Mit dem Geld, das der Zoll bei seiner Arbeit
spart, könnten ganze Fabriken den Nippes erzeugen, der die Wilderer
arbeitslos macht und der Natur ein paar Atempausen verschafft.
Nie waren Ersatzstoffe so wertvoll: Statt rarem Holz aus dem Regenwald gibt
es gepimpte Pappeln aus Vorpommern; statt Gold und Diamanten, die mit einem
unglaublichen ökologischen Rucksack belastet sind, bringen wir Katzengold
und Glasperlen auf den Markt. Statt seltenen Erden bauen wir in unsere
Elektromotoren lieber häufige Planeten.
Die Welt retten wir nur, wenn wir den Manufactum-Anspruch überwinden, wir
bräuchten das Echte, Wahre, Schöne, Gute. Ganz falsch. Die billige Kopie
sollte uns wertvoller sein als das teure Original. Die totgestreichelte
Biogans zum Festbraten? Lieber Pommes mit Mayo. Der neue superökologische
i8-Elektroflitzer von BMW? Lieber mit der Bahncard 100 protzen. Und zwei
Wochen Studienreise auf die Seychellen? Dafür gibt es das Solarium nebenan.
Denken Sie daran, mit dem Künstlichen das Natürliche zu retten, wenn sie
Geschenke zu Weihnachten besorgen – übrigens auch ein recyceltes Fest mit
einem gefälschten Datum.
12 Dec 2017
## AUTOREN
DIR Bernhard Pötter
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