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       # taz.de -- Beschluss der Innenministerkonferenz: Vorerst keine Syrien-Abschiebungen
       
       > Der Vorschlag der Union, Straftäter wieder nach Syrien zu schicken, ist
       > erstmal vom Tisch. Der Abschiebestopp ist um ein Jahr verlängert.
       
   IMG Bild: Wie ist die Lage? Das Auswärtige Amt soll den Innenministern über die Situation in Syrien berichten
       
       Leipzig taz | Die Innenminister der Länder haben den Abschiebestopp für
       Syrer um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2018 verlängert. Bundesminister
       Thomas de Maizière erteilte auf der Innneministerkonferenz (IMK) in Leipzig
       sogleich die erforderliche Zustimmung. Damit ist der Vorstoß einiger
       Unions-Länder vorerst vom Tisch, die als Signal den Abschiebestopp Signal
       nur noch für sechs Monate verlängern wollten.
       
       Das Auswärtige Amt soll aber einen neuen Lagebericht zu Syrien erstellen,
       so der IMK-Beschluss. „Dann werden wir neu beraten“, sagte Lorenz Caffier
       aus Mecklenburg-Vorpommern, der Sprecher der Unions-Minister.
       
       Konkret geht es laut de Maizière um eine „drei- bis vierstellige Zahl“ von
       Syrern, die schwere Straftaten begangen haben oder die als terroristische
       Gefährder eingestuft sind. Diese würden abgeschoben, wenn es nicht den
       Abschiebestopp gäbe. Es geht also nicht um den Widerruf von
       Aufenthaltsrechten für Syrer, die in Deutschland als Verfolgte oder
       Bürgerkriegsflüchtlinge anerkannt sind.
       
       Der letzte Abschiebestopp wurde Ende 2016 ebenfalls für ein Jahr
       beschlossen. Vor allem Bayern und Sachsen wollten diesmal aber nur sechs
       Monate bewilligen, um dann zu prüfen, ob man Straftäter und Gefährder
       wieder nach Syrien abschieben kann. Die SPD-Länder plädierten dagegen für
       einen erneuten einjährigen Abschiebestopp und haben sich insofern
       durchgesetzt.
       
       Aber auch wenn sich die Minister nicht auf einen neuen Abschiebestopp
       geeinigt hätten, hätte es wohl keine Abschiebungen nach Syrien gegeben.
       „Angesichts der dortigen Lage hätten dann eben die Gerichte Abschiebungen
       verhindert“, relativierte Thomas de Maizière die Diskussion.
       
       ## Augen auf das Auswärtige Amt
       
       Nun richten sich die Augen auf das Auswärtige Amt, das einen neuen
       Lagebericht zu Syrien erstellen soll. Der letzte Bericht stammt aus dem
       Jahr 2012, damals hatte der Bürgerkrieg gerade erst begonnen. Mit dem
       Argument, die Erstellung des Berichts werde ohnehin länger als ein halbes
       Jahr dauern, hatten die SPD-Länder für einen längeren Abschiebestopp
       geworben.
       
       Auch Bundesminister de Maizière räumte ein, dass es schwierig sei, einen
       Bericht in der gewohnten Präzision zu erstellen, da Deutschland in Syrien
       keine Botschaft mehr unterhält. „Aber das kann nicht dazu führen, dass wir
       auf einen neuen Lagebericht verzichten“, so der Minister. Man müsse sich
       dann eben auf Informationen von Partnerstaaten und
       Nicht-Regierungsorganisationen stützen. Den Bundesnachrichtendienst
       erwähnte er nicht.
       
       ## Verschärfung im Einbürgerungsrecht?
       
       Auf Antrag des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl (CDU)
       diskutierte die IMK auch über mögliche Verschärfungen im
       Einbürgerungsrecht. Bisher kann die Einbürgerung von Ausländern, die dabei
       über ihre Identität und Verfassungstreue getäuscht haben, nur innerhalb von
       fünf Jahren zurückgenommen werden. Strobl will die Frist jetzt auf zehn
       Jahre ausdehnen.
       
       Unterstützung gab es dafür von den Unions-Innenministern. „Es wäre Nonsens
       und nicht zu vermitteln, wenn so jemand die deutsche Staatsbürgerschaft für
       immer behalten dürfte“, sagte Lorenz Caffier aus Mecklenburg-Vorpommern.
       Die SPD-regierten Länder sind aber skeptisch, ob es sich überhaupt um ein
       zahlenmäßig relevantes Problem handelt. Das soll nun geprüft werden. Eine
       entsprechende Verschärfung des Staatsangehörigkeitsrechts könnten die
       Länderminister ohnehin nur anregen. Beschließen müsste es der Bundestag.
       
       Das Stuttgarter Innenministerium legte nach der IMK auf Nachfrage der taz
       Zahlen vor. Von 2009 bis 2016 seien bundesweit in 125 Fällen Einbürgerungen
       rückgängig gemacht worden. Dabei ging es in rund einem Drittel der Fälle um
       Identitätstäuschungen. Dazu wurden rund 200 Fälle identifiziert, bei denen
       die Rücknahme der Einbürgerung daran scheiterte, dass schon mehr als fünf
       Jahre vergangen waren.
       
       Verglichen mit rund 100.000 Einbürgerungen pro Jahr ist das nicht viel.
       Allerdings sendet schon die Möglichkeit, eine Einbürgerung zurücknehmen zu
       können, das integrationsbremsende Signal aus, die Einbürgerung sei nur auf
       Probe erfolgt und die erhaltene deutsche Staatsbürgerschaft sei weniger
       sicher als die von geborenen Deutschen.
       
       8 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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