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       # taz.de -- Mieten in Bayern: Mietpreisbremse ausgebremst
       
       > Wegen eines Formverstoßes ist die Mietpreisbremse in Bayern unwirksam. Es
       > gebe „einen Begründungsmangel“, urteilt das Gericht.
       
   IMG Bild: Die Wohnungssuche in München bleibt schwierig. Und die Mietpreisbremse bleibt nötig
       
       München taz | Über die in der vergangenen Legislaturperiode eingeführte
       Mietpreisbremse gibt es unterschiedliche Ansichten. Aber wo sollte sie eine
       Berechtigung haben, wenn nicht in München? Nirgends in Deutschland ist der
       Wohnungsmarkt so angespannt wie hier. Bayerns Landeshauptstadt hat 1,54
       Millionen Einwohner. Von 2010 bis 2016 wuchs sie um 160.000 Menschen, es
       fehlen bezahlbare Wohnungen.
       
       Ausgerechnet hier ist die Mietpreisbremse jetzt in einem Berufungsverfahren
       gekippt worden. Im speziellen Fall hatten Mieter auf die Bremse treten
       wollen, weil ihre Miete weit über dem Mietspiegel liegt. Doch statt einer
       niedrigeren Miete kommen nun die Gerichtskosten auf sie zu. Die beiden
       Mieter wohnen seit August 2016 in einer Wohnung in der Erzgießereistraße,
       sehr zentral. Dreieinhalb Zimmer, eine 100-Quadratmeter-Maisonette-Wohnung,
       sogar mit Garagenplatz. So weit, so beneidenswert. Nur: Die Miete für die
       Wohnung beträgt 2.000 Euro netto kalt.
       
       Etwa 500 Euro liegt die Miete damit über dem Mietspiegel. Nur 10 Prozent,
       rund 150 Euro, wären jedoch seit Einführung der Mietpreisbremse zulässig –
       es sei denn, der Vormieter hat schon dieselbe Miete gezahlt. Die Mieter
       verklagten daher ihre Vermieterin auf Auskunftserteilung, sie wollten
       wissen, wie viel die Vormiete tatsächlich betrug. Sie wähnten sich im Recht
       – sie konnten sich ja auf die in Bayern seit Ende 2015 geltende
       Mieterschutzverordnung berufen.
       
       Nur: Diese Verordnung ist nun unwirksam. Sie leidet „an einem
       Begründungsmangel“, urteilte das Landgericht München I am Mittwoch und
       bestätigte damit ein erstinstanzliches Urteil. Das Bundesgesetz sei zwar im
       Einklang mit dem Grundgesetz, in München bestehe auch zweifelsohne ein
       angespannter Wohnungsmietmarkt. Aber die Staatsregierung habe es versäumt,
       in ihrer Verordnung zu begründen, aus welchen Gründen das jeweilige Gebiet
       in die Verordnung aufgenommen worden sei. Das sei aber vom Gesetz eindeutig
       zur Bedingung gemacht worden.
       
       ## Urteil vorweggenommen
       
       Volker Rastätter ist jetzt sauer. „Die Landesregierung hat grob fahrlässig
       die Mietpreisbremse verschlampt“, schimpft der Geschäftsführer des
       Mietervereins München. Mieter, deren Verfahren noch liefen, hätten nun
       keine Chance mehr, erklärt er und verweist auf den Fall eines
       Vereinsmitglieds: Für eine 65-Quadratmeter-Wohnung in Schwabing zahle der
       Mieter 1.450 Euro, nach Auffassung des Mietervereins einige hundert Euro zu
       viel.
       
       Am 15. Dezember wäre die Verhandlung vor dem Amtsgericht – eine
       Verhandlung, deren Ausgang mit dem Urteil vom Mittwoch vorweggenommen
       wurde. Auf den Anwaltskosten bleibt der Mieter dennoch sitzen. „Wir prüfen,
       ob der Freistaat für diese Kosten haftbar gemacht werden kann“, kündigt
       Rastätter an, „und würden unser Mitglied bei einer Klage unterstützen.“
       
       Die Regierung hat zwar Ende Juli die Begründung nachgereicht, für die
       früheren Fälle sei das jedoch unerheblich, urteilte das Landgericht. Und ob
       die Mietpreisbremse seither rechtskonform sei, habe es nicht zu entscheiden
       gehabt. „Wir werden wieder einen Musterprozess führen müssen“, sagt
       Rastätter. „Nur dann können wir sehen, ob es eine Mietpreisbremse in
       München gibt.“
       
       Dass die in München bislang einen positiven Effekt gehabt habe, steht für
       Rastätter außer Frage. Denn: „Vor allem die Großvermieter haben sich an die
       Mietpreisbremse gehalten.“ Für sie wäre das Risiko sonst zu hoch gewesen.
       Sicher, es gebe Punkte, wo man nachbessern müsse, aber notwendig sei eine
       Mietpreisbremse in München in jedem Fall.
       
       6 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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